Japans Einfluss auf den Rest der Welt ist einfach bemerkenswert. Von der japanischen Küche, über Manga bis hin zum Zen Garten und dem Go Club um die Ecke, sind Vertreter der japanischen Kultur auch außerhalb des Landes der aufgehenden Sonne zu finden. Pokémon sind mindestens genauso berühmt wie Coca Cola und das Sushi steht der Pizza im Nichts nach. Ich interessiere mich seit über 20 Jahren besonders für japanische Unterhaltungsmedien, seien es Anime oder Videospiele. Vor kurzem habe ich angefangen japanisch zu lernen und träume davon, eines Tages das Land zu besuchen. Die Faszination für Japan ist also auch hier deutlich spürbar und nicht mehr wegzudenken.
Die Geschichte Japans ist jedoch geprägt von vielen Umstürzen, äußeren Einflüssen aber auch internen Konflikte, die das Land immer wieder spalteten und dieses nach und nach veränderten. 1630 beispielsweise schottete sich Japan vom Rest der Welt ab, indem es den Handel und die Ein- und Ausreise vollkommen unterband. Dieser Zustand hielt ca. 200 Jahre an. Während sich andere Länder durch Austausch weiterentwickelten, blieb die industrielle, wirtschaftliche und soziale Entwicklung Japans auf der Strecke. Geht man weiter in der Zeit zurück, findet man erneut die Zahl 200. Während der Sengoku-Ära, die etwa 1480 begann und 1570 endete, war Japan in 200 autonome Territorien aufgeteilt, die teilweise Kriege um Einfluss und Ländereien miteinander führten. Und hier schlagen wir den Bogen zu Rumble Nation. Das Area Control Spiel greift diese Epoche auf und versetzt die Spieler in die Rolle von vier Shogunen, die darauf Bedacht sind möglichst viele Gebiete zu erobern.
Auf einem Spielbrett, das auf abstrakte Weise die 11 Regionen Japans darstellt, müssen die Spieler ihre Armeen, repräsentiert durch bunte Holzwürfel, so einsetzen, dass sie zum Spielende die Mehrheit pro Region besitzen und dafür Punkte erhalten. Zu Spielbeginn werden zufällig Punktemarker ausgelegt, die so jeder Region einen Wert zuweisen. Dadurch müssen die Spieler darauf achten, ihre Einheiten in möglichst hochwertige Regionen zu legen. Dazu rollt der aktive Spieler drei Würfel und ordnet sie so an, dass die Summe eines Würfelpaares die Region bestimmt in die er seine Einheiten legt und der verbliebene Würfel die Anzahl dieser. Da dies jedoch vom Würfelglück abhängt und das alleine ziemlich blöd wäre, gibt es zusätzliche Aktionskarten die in der Tischmitte liegen und die jeder Spieler, jederzeit, anstelle eines Würfelwurfs nutzen kann. Diese Aktionskarten erlauben besondere Manöver. So kann man beispielsweise Würfel aus einem Gebiet ins benachbarte verlegen, Einheiten zurückholen, gegnerische Einheiten entfernen uvm. Diese Aktionen können nur einmalig ausgeführt werden und sind danach für alle Spieler unzugänglich. Wurden alle Einheiten ausgespielt, wird in aufsteigender Wertigkeit der Gebiete überprüft, wer dort die meisten Einheiten hat. Der dominierende erhält nicht nur die Punkte des Gebietes, sondern auch zwei Verstärkungseinheiten in alle benachbarten Gebiete, in denen seine Einheiten vertreten sind. So kann sich das Blatt in der Endwertung noch wenden, da dadurch Gebiete in denen man zunächst unterlegen war, doch noch erobert werden können.
Rumble Nation bekam seine Aufmerksamkeit in Japan als preisgekröntes Indie Spiel und irgendwie hat es trotz Verlag durch Hobby Japan sein Indie Aussehen behalten. Dies merkt man in der minimalistischen Produktionsqualität; außer auf der Box findet sich nirgends ein schönes Artwork. Der Spielplan, die Karten und die Würfel erfüllen nur den funktionellen Zweck und versuchen erst gar nicht irgendein Thema rüberzubringen. Die Einheiten sind einfache, bunte Holzwürfelchen und die Verstärkungseinheiten sind weiße Holzwürfelchen, was dazu führt, dass es in der Endwertung schwerfällt, diese den Spielern richtig zuzuordnen. Alles wirkt irgendwie blass und lieblos.
Dieses minimalistische Design hat aber auch seine Vorteile: Zum einen ist die Boxgröße perfekt an den Inhalt angepasst, zum anderen Erfüllen die Marker mehrere Funktionen gleichzeitig, sie zeigen den Wert des Gebietes an, in welcher Reihenfolge gewertet wird und repräsentieren die Siegespunkte. Die Kartenillustrationen hingegen sind nicht wirklich eindeutig, da sie sich oftmals zu sehr ähneln und man den Text immer wieder lesen muss. Wer über diese Designschwächen hinwegsehen kann, bekommt mit Rumble Nation aber ein Spiel, das man im Fachjargon gerne als elegant bezeichnen würde. Es bietet trotz seiner, zunächst sehr einfach erscheinenden, Spielmechanik genug strategischen Tiefgang um als komplexer und durchaus spaßiger Absacker durchzugehen. Dies wird durch die Verstärkungseinheiten-Mechanik und das Wertungssystem ermöglicht. Man kann zu keinem Zeitpunkt einfach nur einen Zug machen. Nein, man muss alles und jeden stets und ständig im Auge behalten und gleichzeitig darauf achten das Beste aus seinem Zug herauszuholen. Da Würfelglück hier natürlich eine Rolle spielt, hat man dennoch durch die freie Kombination zweier Würfel, einem Re-Roll und der Wahl zwischen dem Wurf oder einer der vier Aktionskarten, genug Entscheidungs- und Einflussfreiheiten. Außerdem sieht man hier, im Gegensatz zu anderen Area Control spielen, nicht sofort, wer gerade führt. Das sorgt für frustfreies Spielen ohne „Ich kann den/die doch eh nicht mehr einholen“ Momente.
Rumble Nation ist schnell erklärt, auf- und abgebaut, aber dennoch fordernd und belohnt aufmerksame Spieler mit dem Sieg.
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Hobby Japan)