20 Jahre lang ruft das Frankreich des 15. Jahrhunderts bereits nach engagierten Adligen, die die Infrastruktur der zentralen Regionen des Landes aufpäppeln sollen. Stefan Felds Klassiker The Castles of Burgundy wird nun in einer bezaubernden Edition erneut aufgelegt und hat dabei nichts von seinem Charme und seiner zeitlosen Eleganz eingebüßt. Was. Ein. Spiel.
Zunächst möchte man – als unbedarfter Neuling – abgeschreckt sein von der drögen Thematik. Städtebau in einem austauschbaren Mittelalter-Setting? Im Prinzip ja, aber wen interessierts, wenn die Spielmechanik stimmt?
Die Spielanleitung stellt sich als letzter Stolperstein heraus, bevor man in The Castles of Burgundy eintauchen kann. Das Heft hat leider kein besonders schönes Layout und ist vollgestopft mit Text. Die (sehr) knappen Zusammenfassungen entlang der Seitenränder sind zwar nett, helfen aber nur Kennern oder denen, die sich dann doch durch die Anleitung gequält haben und nur kurz etwas nachschlagen wollen.
Dann aber darf man spielen: Bis zu vier SpielerInnen versuchen ihr persönliches Herzogtum mit Städten, Klöstern, Burgen, Minen, Weiden und Schiffen vollzustopfen, um nach fünf Runden à fünf Zügen die meisten Punkte vorweisen zu können. Das klingt nach überbordenden Möglichkeiten, die es zu berücksichtigen gilt. Doch „The Castles of Burgundy fokussiert die Entscheidungsmöglichkeiten: durch Würfel.
Zu Beginn eines Zuges würfeln alle SpielerInnen ihre beiden Aktionswürfel. Dann darf pro Würfel eine Aktion durchgeführt werden. Die Augenzahl verrät, welche Felder man nutzen darf. Möchte ich ein Gebäude-Plättchen ergattern, darf ich mich nur aus dem Pool bedienen, der die gewürfelte Augenzahl aufweist. Möchte ich ein erhaltenes Plättchen in mein Herzogtum einsetzen, muss ich einen Aktionswürfel verwenden, dessen Augenzahl auch auf dem gewünschten Feld abgedruckt ist. Zusätzlich muss hierbei beachtet werden, dass Plättchen immer angrenzend an ein bereits vorhandenes gelegt werden müssen und dass die Farbe des Feldes mit dem Typ des Plättchens übereinstimmt. Auf ein gelbes Feld auf dem Spielertableau darf bspw. nur ein (gelbes) Kloster-Plättchen platziert werden.
Punkte hagelt es dann primär durch das vollständige Bebauen von Flächen einer Plättchenfarbe. Je höher die Zahl der einzelnen Felder ist, aus denen die Fläche besteht und je früher mir das im Spielverlauf gelingt, umso mehr Punkte werden mir beschert. Bonuspunkte gibt es, wenn ich der erste Spieler bin, der ALLE Felder einer Plättchenfarbe belegen kann.
Weitere taktische Finesse wird durch die Weiden eingebracht, die mir mehr Punkte bringen, wenn auf einzelnen Plättchen einer Fläche immer die gleichen Tiere zu sehen sind. Die Gebäude-Plättchen haben unterschiedliche Fähigkeiten und gewähren einmalige Boni, während die Kloster-Plättchen einzigartige Regelveränderungen mit sich bringen.
Der Bau von Minen sichert ein stetiges Einkommen von Silbermünzen, die den Kauf von Plättchen aus einer speziellen, zufällig bestückten Auslage ermöglichen. Alternativ können Schiff-Plättchen Warenplättchen einsammeln, die man später gegen Münzen und Siegpunkte verkaufen kann. Und mit Arbeiterchips lässt sich das Würfelergebnis anpassen, um die Zufälligkeit des Wurfs auszugleichen.
All diese cleveren Mechaniken fügen sich zu einem fordernden Ganzen zusammen, das nie überfordert, sondern ständig Möglichkeiten aufzeigt und in den meisten Fällen zufriedenstellende Züge zulässt. Die Bindung der möglichen Aktionen an die gewürfelten Augenzahlen gibt den SpielerInnen eine strategische Richtung vor, die die Entscheidungsfindung erleichtert und ein flüssiges Spielerlebnis ermöglicht.
The Castles of Burgundy hat mich schwer beeindruckt und ich freue mich auf die vielen weiteren abwechslungsreichen Runden, die ich mit diesem Spiel haben werde. „The Castles of Burgundy“ ist die Mutter aller Brettspiele mit generischem Mittelalter-Setting und womöglich das Beste seiner Art.
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Die Burgen von Burgund von Stefan Feld
Erschienen bei Ravensburger
Für 1 bis 4 Spieler in 120 Minuten
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Erschienen bei Ravensburger
Für 1 bis 4 Spieler in 120 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Ravensburger)