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30.03.2020

Crystal Palace


Manchmal gibt es Spiele, da hat man vor der erste Partie gehörigen Respekt, dank bisheriger Berichterstattung und gesehener Bilder. So der Fall bei mir, als es um Crystal Palace vom Feuerland Verlag ging. Das Spiel ist für 2-5 Spieler ab 14 Jahren und richtet sich eindeutig an Kennerspieler. Der Autor ist Carsten Lauber und es handelt sich hierbei um sein Erstlingswerk. Thematisch übernehmen wir die Rolle einer Nation, die bei der allerersten Weltausstellung 1851 in London ausstellt und hier den größten Eindruck hinterlassen möchte. Und ob mein Respekt gerechtfertigt war, wird meine Rezension nun zeigen.

[MATERIAL]

Die Kiste ist rippel rappel voll mit Würfeln, Plättchen, Holzteilen, Karten und jeder Menge Boards. Gerade die vielen, unterschiedlich großen Spielboards sind eher ungewöhnlich, so dass wir statt eines großen Bretts, viele kleine zusammenlegen. Hauptgrund ist das die Gestaltung der Boards sich je Spieleranzahl ändert, das ist zwar nachvollziehbar, aber optisch schön ist es nicht. Auf den ersten Blick denkt man beim Spielaufbau, dass es alles ziemlich konfus daher kommt, aber man gewöhnt sich dann doch schneller als gedacht daran.

Die Qualität lässt keine Wünsche offen, es handelt sich um gute, dicke Pappe, die Holzteile sind ebenfalls wertig. Höchstens bei den Würfel hätte man noch eine Stufe höher gehen können, aber das ist nicht wirklich störend.


Über die Optik lässt sich streiten, das Artwork der Karten gefällt mir recht gut, kann aber auch verstehen, wenn dies nicht bei jedem so ist. Der Rest kommt eher etwas altbackener daher, erfüllt aber vollends seinen Zweck. Es hinterlässt halt eher ein mittelmäßiger Eindruck und wie schon eingangs erwähnt, schreckt die Optik auch etwas ab.

[ABLAUF]

Ich werde den Ablauf etwas allgemeiner halten, da es sonst zu viel wird, aber ich denke man wird auch so ein Eindruck davon erhalten. Wir spielen ingesamt 5 Runden, die wiederum für je 6 Monate von 1849 bis 1851 stehen und wir als Nationen bereiten in dieser Zeit die Weltausstellung vor, in dem man vor Ort die tollsten Prototypen und charismatische Personen an seinem Stand haben will. Wer dann zum Start der Weltausstellung die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel. 

Eine Runde läuft über 6 Phasen, die jeder Spieler auch auf seinem Spielerboard wiederfindet, so bleibt nichts vergessen. Der erste Kniff ist dann auch gleich die erste Phase. Jede Nation startet mit vier Würfeln, doch diese werden nicht geworfen, sondern dürfen jeweils auf eine beliebige Seite gedreht werden. Dies tut jeder geheim für sich und versteckt die Würfel danach unter seiner "Schatzkiste". Ist jeder damit fertig, legt man die Kiste beiseite und bezahlt nun den Gesamtwert aller Würfel in Pfund. Der Spieler mit der höchsten Gesamtzahl wird Startspieler, der Spieler mit der kleinsten erhält auf seinem Spielertableau eine Zeitung. Mit den Zeitungen kann man sich im Laufe des Spiels ein paar Boni kaufen. 


Nun geht es weiter, dass man die Würfel auf den verschiedenen Orten, die ausliegen, platziert. Immer jeweils einen Würfel reihum. Folgende Orte aus London stehen zur Verfügung: Patent Office, British Museum, Bank of England, Westminster, Reform Club, London Times, Port of London und Waterloo. 
Hier bekommt man u.a. Patente, für spätere Prototypen, berühmte Persönlichkeiten und viele Boni, wie Energie und Zahnräder, die man wiederum benötigt um die Persönlichkeiten zu einem zu lotsen oder aus Patenten Prototypen herzustellen. Es gibt auch Forschungsplättchen, die man auf dem eigenen Board sammelt und in bestimmten Phasen Boni bringen. Auch weitere Würfel (bis max. 6 ) kann man erhalten, sowie Aktien für Einkommen und Fortschritte auf der Buzzleiste (dazu gleich mehr). 

Die Aktionsfelder auf den jeweiligen Orten sind natürlich begrenzt, manche erfordern eine Minimum-Augenzahl und hin und wieder muss man noch extra Geld bezahlen oder es gibt es eine Assistentenaktion, die man ausführen darf. Es gibt zwei Arten von Assistenaktionen: entweder schreite ich auf meiner Auftragsleiste (auf dem eigenen Spielerboard) mit meinem Assistenten ein Schritt voran, wenn die Bedingungen erfüllt sind (und bringen am Spielende somit mehr Siegpunkte) oder ich setze meinen Assistenten im Black Market ein. Habe ich dort bereits einen Assistenten, kann ich diesen stattdessen weiter hoch setzen oder halt einen weiteren Assistenten dazu. Über diesen Schwarzmarkt kann ich an Zahnräder kommen oder anderen Boni, allerdings gegen Bezahlung.


Nun geht es weiter die Aktionen auch wirklich auszuführen und zwar geht man hier von Ort zu Ort in vorgegebener Reihenfolge. Dort geht es dann nach Höhe des Würfelwertes. Der höchste darf natürlich zuerst die Aktion ausführen. Warum ist das wichtig? Manchmal gibt es nicht genug Platz dass alle Würfel die Aktion ausführen dürfen, so kann man manchem Mitspieler eine sicher geglaubte Aktion wieder wegnehmen. Als Trost würde dieser dann 1 Pfund erhalten. Genau an dieser Stelle entsteht auch die große Stärke. Von der Überlegung welche Werte ich nehme bis zu wohin man diese setzt. 

Interessant sind auch die Patent-/Prototyp-Karten, die zusammen Synergien ergeben können. Habe ich also z.B. Charlotte Bronte und den Prototypen eines Hörbuchs, bekomme ich zusätzliche Siegpunkte. Wichtig ist auch, wann man die Personen engagiert oder die Patente in Prototypen umwandelt, denn je Jahr (also Runde) gibt es unterschiedlich Punkte.

Da wären wir dann auch schon in der nächsten Phase. Jetzt wollen engagierte Personen Gehalt bekommen, die Höhe hängt davon ab wie weit man auf der Leiste im Ort "Westminster" fortgeschritten ist. Sobald die Person bezahlt wurde, kann ich seine Fähigkeit benutzen. In Phase 4 hab ich dann die Möglichkeit ein Patent in einen Prototypen umzuwandeln, wenn ich ausreichend Rohstoffe (Energie und Zahnräder) besitze.


Zum Schluss der Runde gibt es dann Einkommen basierend auf der Einkommensleiste, die man sich vorher aufbauen kann. Man darf auch die dauerhaften Effekte mit grünem Banner nutzen, sowie erspielte Boni auf der Buzzleiste.

Kurzes Wort zur Buzzleiste: das ist quasi die Werbetrommel die gerührt wird. Hier gibt es ebenfalls Felder mit Boni, die man bei erreichen erhält und es gibt Posterfelder, auf denen ich, falls gewünscht, Buzzmarker setzen kann. Die Buzzmarker werden dann bei Rundenschluss aktiviert. Allerdings muss man sich gut überlegen, ob man ein Buzzmarker setzt. Es gibt auf der Leiste mehrere Posterfelder, aber man besitzt insgesamt nur 2 Marker.

Zu guter Letzt bereitet man dann alles wieder für eine neue Runde vor.

Crystal Palace ist ein Knappheits-Spiel! Alles ist knapp, vor allem das liebe Geld, so dass sich gut überlegt sein muss, wie man die Würfel einsetzt und in welcher Höhe. Beim Thema Geld kommt daher ein weiterer wichtiger Aspekt hinzu und zwar kann man jederzeit Kredite aufnehmen. Allerdings können diese nie komplett zurückbezahlt werden und kosten mich am Ende immer Siegpunkte. Die Kreditmarker werden zufällig genommen und kosten einen, wenn man sie nicht zurückbezahlt, 8 bis 10 Siegpunkte! Zurückbezahlte Kredite hingegen kosten mich immer 5 Siegpunkte. Ein Kredit steht jeweils für 10 Pfund und können mit 10 Pfund auch wieder zurückbezahlt werden. 


Dieses "Kreditwesen" ist ein wichtiger Bestandteil und sollte in der Taktik mit einbezogen werden. 

Nach fünf Runden wird dann eine Endwertung vorgenommen, bei denen man durch die verschiedenen Leisten nochmal Extrapunkte bekommen kann. Der Spieler mit den meisten Punkten wird der Star der Weltausstellung und gewinnt das Spiel.

[FAZIT]

Was hatte ich für eine Ehrfurcht vor diesem Spiel. Man hörte von "unverzeihlich", "Brainburner" und dergleichen und wenn man sich den Inhalt der Box mit all den Materialien und den Boards ansieht, denkt man sofort: das wird Stunden dauern es zu verstehen.

Ja, das Spiel hat ein gewisse Einstiegshürde, aber wenn man die erste Partie spielt, merkt man relativ schnell, wie gut das ganze funktioniert. Und was man dann abhandelt, ist wirklich keine Kunst, sondern "simples" Würfel einsetzen. Da wir hier aber komplett ohne Glück auskommen, liegt wirklich alles in unserer Hand. Dadurch kann es vorkommen, dass gerade die erste Phase sich ziemlich lang hinziehen kann. Jeder überlegt was er ausgeben möchte bzw. kann. Dann überlegt man, was die Gegenspieler machen werden. Und schon geht es weiter: wo platziere ich mich zuerst? Welcher Ort ist erstmal wichtiger für mich und meine Strategie? Und und und... 


Mit Grüblern am Tisch kann dies zur Tortur werden, andererseits haben wir diese Zeit auch immer genutzt uns ein wenig zu sticheln und herauszufordern. Umso spaßiger wurde es, wenn man die Pläne des anderen durchkreuzen konnte. Wie schon erwähnt wurde es als "unverzeihlich" betitelt. Ich kann das verstehen, denn wenn ich einmal nicht aufpasse, können mir komplette Aktionen wegfallen und dann wird es schwierig den Anschluss zu halten. Die Schwierigkeit steigt dann auch nochmal mit der Spieleranzahl. Im Spiel zu zweit, kann man besser planen bzw einschätzem, wie man welche Aktion absichert, aber zur viert oder fünft wird das schon deutlich schwieriger. 

Dennoch besitzt das Spiel in allen Konstellationen seinen Reiz und bringt wirklich Spaß. Die Tüftelei bringt Spaß und fühlt sich befriedigend an, wenn man mehr und mehr Punkte sammelt. Wenn die Aktionen durchkommen, haben gefühlt alle eine hohe Bedeutung und bringen einem dem Ziel ein Stück näher. Umso verheerender halt wenn Aktionen wegfallen. 

Spieler, die mit Glück im Spiel nichts anfangen können, sollte auf jeden Fall ein Blick auf Crystal Palace werfen. Es ist das Spiel für Optimierer und Taktiker, dennoch können auch Glücks-Fans (wie ich z.B.) einen Blick riskieren, aber dann in einer Gruppe, die das ähnlich sieht, ansonsten könnte eine komische Stimmung aufkommen, da die Optimierer deutlich länger brauchen werden und höchstwahrscheinlich dann auch gewinnen.

Crystal Palace ist ein tolles Euro-Game mit tollem Würfel-Einsatz-Mechnismus. Wirkt es optisch auch altbacken, spielt es sich umso erfrischender. Tolles Erstlingswerk, Herr Lauber!


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Crystal Palace von Carsten Lauber
Erschienen bei Feuerland Spiele
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 120 Minuten ab 14 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Feuerland)