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07.02.2020

Nocturion


Nocturion – Ein Brettspiel, wie ein Facebook Game

Fantasy Spiele haben alle eines gemeinsam: Soll eine große Masse an Spielern angesprochen werden, muss das Szenario gewisse Standards erfüllen, die allesamt von Tolkien vorgegeben und von Warcraft und Warhammer hammerartig (He.) in unser kollektives Empfinden gekriegt (Hehe.). Zu den häufigsten erwarteten Klischees gehören Elfen, Zwerge, Magie, Drachen und andere Monster. Diese Klischees bringen zwei Probleme mit sich: a) sie schränken die erzählbare Geschichte ein, da mit den Klischees auch Vorstellungen von Abläufen, Verhaltensweisen und Funktionen innerhalb der Spielwelt verbunden sind und b) werden dadurch indirekt die ableitbaren Spielmechaniken stark eingeschränkt. Doch hin und wieder erleben wir als Spieler, wie kreative Designer diese oder andere Einschränkungen nutzen, um unsere Spiellust zu steigern und unsere Kreativität an den Beschränkungen wachsen zu lassen. Ob es Nocturion gelingt Klischees mit Kreativität zu paaren, oder ob es diesen einfach nur erliegt, möchte ich für euch in diesem Review klären.


Aufbau eines Königreiches – Die Regeln und Spielmaterialien

Die Regeln von Nocturion sind klar und einfach geschrieben. Wir beginnen eine Runde mit dem Würfeln von einem D6 pro Spieler und draften die Würfel dann im Uhrzeigersinn. Anschließend platziert jeder seinen Würfel auf ein Gebäude in einem Bereich, der zum gezogenen Würfel passt. Anschließend beginnt der aktive Spieler damit alle Aktionen des Gebäudes, sowie Quests und den Kauf von Set-Teilen, auszuführen. Dabei funktionieren fast alle Aktionen nach dem gleichen Schema:

1. Gebäude: Erhalte Rohstoffe und führe den Spiezialeffekt aus (Monster beschwören, Gegner verfluchen, Ressource tauschen, Extra-Würfel erhalten oder Startspieler werden)

2. Quests und Set-Teilen: Bezahle Rohstoffe zum Abschließend oder zum Kauf.

Zusätzlich darf man noch die Effekte der bis zu 4 Monster, sowie der Set-Fähigkeit benutzen. Dabei unterscheiden sich die 4 Häuser nur in der zweiten Set-Fähigkeit. Die dritte Set-Fähigkeit schaltet immer einen weiteren Würfel frei, der in jeder Runde gewürfelt wird.


Bei der letzten Set-Fähigkeit kommt ein häufiger Fehler zu Tage: Das Spielerbrett sagt etwas anderes, als die Regeln. Während man nach dem Spielerbrett selber einen weiteren Würfel werfen darf, sagt das Regelwerk, dass der jeweils aktive Spieler den Extra-Würfel werfen darf. Da beim Draft jeder Spieler im Uhrzeigersinn einen Würfel nimmt, bis keine Würfel mehr übrig sind, wirkt sich nach den Regeln ein weiterer Würfel auf alle Spieler aus, denn der aktive Spieler wandert im Uhrzeigersinn, sollte sich niemand diesen Status extra nehmen. Somit führt dieser Unterschied zu zwei komplett anderen Spielweisen und Regeln.

Die Materialien und das Designe sind gut. Alles ist leicht verständlich und sieht gut aus. Das gilt vor allem für die Effekte der Monster und Quests und den dazugehörigen Bildern. Auch der Spielplan macht einen organisierten Eindruck.


Etwas merkwürdig mutmaßt hier nur der Kostenaufwand an. Denn bereits nach einer kurzen Recherche findet man heraus, dass a) Noturion ein Facebook / Browser Game war, b) das Brettspiel auf Kickstarter finanziert wurde, ohne auf die Herkunft hinzuweisen und c) viele, wenn nicht gar alle Designes, Icons, Bilder und Hintergründe aus dem Facebook / Browser Game übernommen wurden. Diese Praxis trübt zwar das Spielerlebnis nicht, hinterlässt aber einen kleinen bitteren Geschmack.

Schickt die Monster! – Das Spiel

Nocturion spielt sich sehr flüssig. Die einzelnen Effekte sind schnell abgearbeitet. Keine der Effekte ist besonders kompliziert und oft handelt es sich um abgewandelte Versionen anderer Effekte. So gibt es z.B. ein Monster, dass Spieler verflucht, die im Sommer Rohstoffe sammeln, eines für Frühling, eines für Herbst und eines für Winter. Besonders einfallsreich mutet das alles nicht an und besonders spannende Effekte oder Kombinationen ergeben sich daraus auch nicht.


Ähnlich ist es bei den Flüchen. Es macht Spaß zu sehen, wie hier rein spielmechanisch und balance-technisch gelungen das Spielen gegen andere Spieler in ein Euro Game umgesetzt wurde. Jedoch hat man dadurch jeglichen Biss weggelassen, so dass sich selten ein Fluch wirklich schlimm an fühlt, höchstens im Verhältnis zu den anderen Flüchen.

Aus dem Rahmen fällt da die Jahresanzeige und der Spielfortgang. Die von uns gewählten Aktionen bestimmen, wohin sich dieser bewegt und wie schnell das Spiel endet. Sobald sich der Jahresanzeiger wieder auf dem Winter-Quartal befindet, ist ein Jahr rum. Je nach Anzahl der Spieler endet ein Spiel so nach bis zu 8 Runden. Zusätzlich zeigt der Jahresanzeiger an, in welchem Viertel die Ressourcen wieder aufgefüllt werden und wo es doppelte Ressourcen gibt. Das ist zwar der cleverste Part von Nocturion  macht das Spiel aber nicht spannender, nur ein bisschen interessanter.


Die Jahre gehen so ins Land – Das Fazit

Nocturion hat eine große Story ohne originelle Eigenheiten, ein flüssiges Spiel ohne große Spannung und eine kreative Rundenbemessung. Trotzdem kann es durch aus für ein oder zwei Partien Spaß machen. Aber leider ist für den richtigen Spaß zu wenig Abwechslung enthalten. Es bräuchte mehr Sets, mehr Monster mit viel unterschiedlicheren Effekten, was auch für Flüche und Gebäude gilt. Es wäre schön ein wirkliches Gefühl des Vorankommens zu haben. Das alles fehlt und lässt so das solide Grundgerüst allein. So ist Nocturion nur ein nettes Punkte-Sammelspiel. Wer aber so etwas sucht, ist mit Burgen von Burgund oder sogar Cape Diem (!) besser dran.



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Nocturion von George Skourtis
Erschienen bei Vesuvius Media 
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Vesuvius Media)