Die lauten Klänge des Pianos, die bis gerade eben noch dem verrauchten und lebhaften Saloon eine gesellige Note verliehen, verstummten als Billie the Meeple und seine Bande Gesetzloser den Kronleuchter von der Decke schoss und damit unwillentlich den alten Minenarbeiter Murry the Mole erschlugen. Niemand im Saloon glaubte mehr an einen ruhig ausklingenden Sonntagabend und der Barkeeper lud heimlich und leise die Schrotflinte unter dem Tresen, als plötzlich eine alt vertraute Stimme erklang: ‘Hände Hoch Bürschchen!‘, Sherriff Chuck und Deputy Dave betraten den Raum und richteten ihre Revolver auf Billie und seine Kumpanen…
So oder so ähnlich könnte ein Flavourtext zu A Fistful Of Meeples lauten. Nach A Fistful Of Dollars, -Fingers und -Dynamite, könnte es der nächste große Western Hit, diesmal aber in Brettspielform werden. Ob sich der Worker Placement Western namentlich in der Hall of Fame einreihen darf, erfahrt ihr in meiner Rezension.
A Fistful Of Meeples ist ein Spiel für bis zu 4 Spieler, in dem es, wie so oft, darum geht Punkte zu sammeln. Dies schafft man, indem man sich Meeples schnappt und diese auf bestimmte Weise auf dem Spielbrett platziert. Das Spielbrett stellt eine Kleinstadt im Wilden Westen samt Saloon, Gefängnis und mehreren Gebäuden dar. In jedem dieser Gebäude befinden sich zum Spielbeginn bis zu vier verschiedene Meeples, die blauen Hilfsscheriffs, die roten Banditen, die gelben Bergarbeiter und die braunen Handwerker. Der Spieler, der gerade am Zug ist, entscheidet sich für ein Gebäude und nimmt sich alle dort befindlichen Meeples. Dadurch hat er nun zum einen eine Hand voll Meeples, zum anderen darf er sie jetzt, ausgehend von dem Gebäude aus dem er sie geholt hat, im- oder gegen den Uhrzeigersinn am Eingang des jeweiligen Nachbargebäudes platzieren und die Meeple die Gebäude in beliebiger Reihenfolge betreten lassen.
Wenn ein Meeple ein Gebäude betritt, kommt es darauf an, welche Meeple sich bereits dort befinden, da einige Meeple miteinander interagieren. Betritt ein Hilfsscheriff-Meeple ein Gebäude, indem sich Banditen-Meeple befinden, darf sich der Spieler, welcher diese Aktion ausführt, aus dem Bergbaubeutel zwei zufällige Klötze pro Bandit ziehen, danach wandern die Banditen auf das Gefängnisfeld. Der Bergbaubeutel ist ein Stoffbeutel, der zu Spielbeginn mit 36 Stein- und 18 Goldklötzen gefüllt wird. Diese Materialien werden benötigt, um an den Gebäuden Vordächer zu bauen, d. h. Plättchen der eigenen Spielerfarbe zu platzieren um sich damit besonders viele Punkte zu sichern. Um ein solches Vordach bauen zu können, muss man ein Handwerker-Meeple ein Gebäude betreten lassen, die darauf abgebildeten Materialien bezahlen und sein Vordach-Plättchen platzieren. Betritt ein Bergarbeiter ein Gebäude mit einem Vordach, schnappt sich der Besitzer dieses Vordachs, die auf dem Vordach angegebene Anzahl an Klötzen aus dem Beutel. Wenn ein Bandit ein Gebäude mit Bergarbeitern betritt, darf sich der ausführende Spieler zwei zufällige Klötze aus dem Beutel ziehen.
Neben den Gebäuden haben die Spieler die Möglichkeiten, ganz im Western Stile, ein Duell auf offener Straße auszutragen. Dieses Ereignis wird automatisch getriggert, sobald sich zwei Meeple auf den beiden Duellfeldern befinden. Der Gewinner des Duells erhält Ressourcen und sein Meeple wandert auf das Saloon Feld, während der Verlierer auf dem Friedhof begraben wird.
Durch das Verhaften von Banditen und Austragen von Duellen, erhalten die Spieler die Möglichkeit, sich auch von diesen Feldern zu bedienen. Auf dem Gefängnis Feld sind ausschließlich Banditen zu finden und wenn sich ein Spieler dazu entschließt von diesem Feld Gebrauch zu machen, ist er dazu gezwungen eine Stange Dynamit in den Bergbaubeutel zu legen. Im Saloon steht den Spielern, neben den siegreichen Duellanten, die gerade einen Whiskey genießen, auch eine Dame (pinker Meeple) zur Verfügung, die es einem erlaubt eine Ressource pro Handwerker zu ziehen, wenn sie ein Gebäude betritt.
Das Spielende kann auf die folgenden drei Weisen eingeleitet werden:
- Wenn alle Plätze im Friedhof belegt werden.
- Wenn alle Dynamitstangen aus dem Ressourcenbeutel gezogen wurden.
- Oder wenn alle Goldnuggets ausverkauft sind (diese muss man kaufen, sobald man genug Gold gesammelt hat).
A Fistful Of Meeples ist ein großartiges Spiel. Es hat mich wirklich sehr überrascht, als ich erfahren habe, dass sich hinter der winzigen Schachtel tatsächlich ein vollwertiges Worker Placement Spiel versteckt, das es wirklich in sich hat. Nicht nur gefällt mir die Idee, dass man keine eigenen Arbeiter hat, sondern immer wieder die Entscheidung, welchen Mix aus Meeples man schnappen möchte, aber auch das dynamische Spielgeschehen, das sich andauernd verändert und man immer wieder vor neuen Entscheidungen steht, wie man das Meiste aus seinem Zug rausholt. Dadurch, dass allen alles gehört, zwingt das Spiel den Spielern die Interaktion förmlich auf, fühlt sich dabei aber ganz natürlich an. Dadurch entsteht keine Rivalität, da jeder Spieler nur darauf Bedacht ist das Beste aus seinem Zug zu machen, ohne Fokus auf größtmöglichen Schaden an den anderen Spielern.
Neben dem sehr ansehnlichen Design, bringt das Spiel dank seiner logischen Interaktionen zwischen Banditen, Scherriffs und Bergarbeitern ein sehr präsentes Thema mit sich, dem das glückslastige Duellsystem (Würfeln) die nötige Spannung verleiht.
Leider trübt ein kleiner Aspekt den ansonsten sehr positiven Eindruck und das ist die Tatsache, dass man jederzeit sieht, wer gerade führt und ob es noch möglich wäre sie oder ihn einzuholen. Ich weiß, dass es bei vielen anderen, guten Spielen so ist, mich stört es dennoch. Ich hätte mir für die Endwertung eine Art geheimes Ziel o. Ä. gewünscht.
Trotzdem kann ich A Fistful Of Meeples nur weiterempfehlen, da es viel frischen Wind in die Worker Placement Mechanik bringt und trotz oder gerade wegen seiner Größe und Spieldauer für viel Spielspaß sorgt.
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Erschienen bei Final Frontier Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 25 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Final Frontier Games)