Was man so erleben kann, wenn man auf der weltgrößten Spielemesse ungezwungen durch die Gänge schlendert, zeigt Faktoria. Ich – vor gar nicht allzu langer Zeit – habe genau dies getan, und mich durch die Gänge in Essen treiben lassen, bis ich an einem kleinen Stand ab vom Schuss ankam. Faktoria heißt das Spiel und das Cover sieht schon mal ansprechend aus. Mein Interesse war geweckt und ich habe mir das Spiel erklären lassen. Schick ist es, bisschen Mittelalter und geht auch gar nicht allzu lange. Nach einem kleinen Plausch mit dem Entwickler persönlich, kann ich euch nun Faktoria vorstellen:
Sehr schön Rouven, doch worum geht es nun? Faktoria ist ein kurzweiliges Biet- und Bauspiel für zwei bis fünf SpielerInnen. In fünf Runden darf jeder man einmal an der Reihe sein und schon ist’s vorbei. Doch nun im Detail:
Jede SpielerIn bekommt ein persönliches Tableau, auf dem die drei möglichen Aktionen abgetragen werden. Wenn man an der Reihe ist, darf man jede der Aktionen einmalig in beliebiger Reihenfolge ausführen. Ein Zugzwang besteht nicht. Kommen wir zur ersten und elementarsten Aktion, dem Importieren.
Importieren meint, dass man auf dem Hauptspielplan eine gewisse Anzahl an Ressourcen, die die örtlichen Händler zum Verkauf bieten, ersteigert. Das Versteigern funktioniert dabei ganz klassisch mit der Ausnahme, dass der Gewinner, sollte er nicht die aktive SpielerIn sein, dieser eine Ressource seiner Wahl abgeben muss. Dadurch ist auch beim Versteigern einiges an Taktieren möglich.
Mit den so erhaltenen Ressourcen kann man mit der Aktion Bauen nun Gebäude errichten. Dabei unterscheidet man zwischen Produktionsgebäuden und Siegpunktegebäuden. Erste werden auf dem persönlichen Tableau platziert, letztere daneben. Durch die Aktion Produktion werden nun Rohstoffe in den Gebäuden produziert. So simpel, so schön, das wars schon.
Und? Funktioniert das nun und macht es Spaß? Und ob es das macht! Faktoria bietet einiges an Spielspaß und das in nur etwa 30-40 Minuten! Das Aushandeln der Preise, das psychologische Gegeneinander auf dem Markt wird wunderbar widergespiegelt. Und durch die allgemeine Geldknappheit ist die Schadenfreude schon mal groß, wenn man seine MitspielerInnen zu abartig teuren Käufen gebracht hat und selbst noch Geld für die guten Dinge besitzt. Es ist herrlich zu sehen, wie manche Menschen sich in ihren eigenen Ruin bieten lassen und frustrierend, wenn man merkt, dass andere das gleiche mit einem selbst machen. Aber sei’s drum, da es so kurz ist, kann man auch getrost eine Revanche spielen.
Trotz dessen, dass hier ein polnischer Kleinverlag ein schönes, kurzweiliges Spiel abgeliefert hat, gibt es doch den ein oder anderen kleineren Kritikpunkt: Zunächst die Farbwahl der Spielsteine. Es ist rot und rosa, aber kein grün vertreten. Das verwirrt, zumal rot und rosa schwer zu unterscheiden sind. Ich war selbst sehr verwirrt, sodass ich mit dem Entwickler sprach. Dieser hat mir erläutert, dass sie bei der Produktion eine gute Intention hatten, diese jedoch nach hinten losging: Eigentlich wollte man durch diese Wahl die Unterscheidung für Farbenblinde erleichtern, da es wirklich besser zu unterscheiden ist, als rot und grün. Jedoch hat man bei der Produktion erst zu spät gemerkt, dass der Farbton des verwendeten Rosa’s richtig schlecht von rot zu unterscheiden ist. Das hat man so nicht beabsichtigt. Wen das jedoch stört, der kann sich beim Verlag melden und bekommt kostenlos grüne Steinchen!
Ein zweiter Punkt, der angesprochen werden muss, ist der Geldmangel im Spiel. Wird man nicht darauf hingewiesen, dass Geld äußerst knapp ist und verballert alles in den ersten beiden Runden, kann das Spiel ziemlich frustrierend sein. Hier setzt jedoch eine sehr gesunde Lernkurve ein, sodass man spätestens nach dem zweiten oder dritten Spiel weiß, wie man mit seinem Geld umzugehen hat. Wen sowas jedoch stört, oder wer allgemein einen problematischen Umgang mit Geld hat, sollte hier wohl weitergehen.
Letzter Punkt: das Material. Das ist wirklich gut! Es liegen schöne Stoffbeutel bei, die Pappen sind alle hinreichend dick und stabil, der Zeichenstil ist gelungen und nicht zu aufdringlich. Das Material ist also rundum gelungen und es gibt nichts zu beanstanden.
Der Autor des Spieles, Luc-Olivier von Lutygo, hat mir erzählt, warum er zum Spieleentwickeln gekommen ist. Er selbst hat als Programmierer in Jugendjahren begonnen, sich sein eigenes Spiel ersonnen und drauf los programmiert. Am Ende war alles so, wie er es sich vorgestellt hatte, jedoch war das Spiel einfach doof. Daraufhin hat er verstanden, dass es bei einem Spiel auf mehr ankommt, als auf das Zusammenwerfen von ein paar Ideen. Daraufhin hat er sich in die Brettspielwelt gestürzt, um zu erleben, wie die Mechaniken funktionieren.
Genau das scheint er nun verstanden zu haben. Aufgrund der Auflagengröße kann man Faktoria gerne als Indie-Titel bezeichnen und dieses Indie-Spiel hat einiges drauf! Wer also Lust auf eher unbekannteren, aber dennoch guten Stuff hat, der schaue einmal auf der Website bei unseren polnischen Freunden vorbei. Keine Angst, man kann es auch auf Deutsch bestellen.
__________________________________________________________________________________
Faktoria von Luc de Charriere
Erschienen bei Lutygo
Erschienen bei Lutygo
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Lutygo)