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20.11.2019

Half Pint Heroes und Happy Hour


Ich mag ja Stichspiele. In meiner Studiumszeit hatten wir das Kartenspiel Wizard so lange gespielt, dass wir mehrmals ein neues Set kaufen mussten, da die Karten einfach zu speckig wurden. Da hat sich der Anschaffungspreis gelohnt. Besonders gereizt hatte mich bei Wizard damals die Vorhersage der eigenen Stiche. Leider kam nie wirklich ein Stichspiel an den Klassiker für mich ran. Ich hatte dann vor einiger Zeit mal Skull King ausprobiert, aber auch das war für mich eher Wizard, nur eben aufgebohrter und komplizierter. Bei Half Pint Heroes wagte ich aber nochmal einen Versuch und warf meinen Hut in den Stichspiele-Ring. Ausschlaggebend war - zugegebenermaßen – die Boxgrafik. Charmant, anders, irgendwie diskutabel, aber auffallend. Jetzt musste nur noch das Spiel gut sein.


Half Pint Heroes mixt Pokerelemente mit einem Stichspiel. Klingt abgefahren, ist es auch. Ich muss zugeben, dass dieser Mix sich zuerst für mich anhörte, als ob er zum Scheitern verurteilt wäre. Weit gefehlt. Irgendwie passt es doch zusammen und eröffnet sogar einige ganz neue Gedankenspiele in einer Genrewelt, in der man eigentlich alles gesehen zu haben glaubt. Hauptmerkmal bei Half Pint Heroes ist es eben, dass ich bei einem Stich nicht nur eine Karte aus meiner Hand spielen muss, sondern auch eine legale Pokerkombination (keine Angst eine Übersicht liegt bei) aus meinen Handkarten und den Karten aus der offenen Auslage. Das führt zu zweierlei. Einerseits kann ich mit dem Ausspielen mehrere Karten die Sicherheit einen Stich zu machen, andererseits führt es unter Umständen dazu, dass einzelne Spieler frühzeitig keine Handkarten mehr haben und übrig geblieben ganz lässig die noch offenen Stiche mit niedrigeren Karten nehmen können / müssen.


Zweites Element bei HHalf Pint Heroes ist die – aus Wizard altbekannte – Vorhersage von Stichen, was Bonuspunkte bringt. Neu hingegen ist aber, dass ich jede Runde auch die Ansage eines Gegenspielers anzweifeln kann, was auch Bonuspunkte bringen kann und das Ganze noch konfrontativer macht. Ich habe nun noch mehr Gründe dem Gegenüber einen Stich „reinzudrücken“.

Die Punktevergabe ist bei Half Pint Heroes recht klassisch, was angenehm ist, da es lange Rechenoperationen vermeidet. Jeder Stich macht Punkte, eine korrekte Ansage und das Anzweifeln auch. Am Ende gibt’s noch Bonuspunkte. Interessant sind dann noch die Kneipenschlägerei und die Schießerei in Half Pint Heroes  Mache ich nämlich einerseits drei Stiche in Folge, bekomme nur ich Punkte und alle gehen leer aus. Das bringt eine gehörige Brise Taktik ins Spiel und kann es unter Umständen extrem gefährlich werden lassen, wenn alle bis auf einen Spieler frühzeitig die Runde beenden, da sie hohe Kartenkombinationen für Stiche abgelegt haben. Die Schießerei hingegen ist eine Art Sudden Death, die dann in Kraft tritt, wenn man zum sechsten Mal seine Stiche korrekt vorhersagt. Auch das ist eine valide Taktik, die man mit dem nötigen Kartenglück durchaus erzwingen kann.


Half Pint Heroes bringt frischen Wind in das eingestaubte Genre Stichspiele. Das Thema passt, auch wenn sich die Mechanismen nicht wirklich damit decken. Half Pint Heroes spielt man am besten nämlich in einer Bar mit Freunden beim Feierabendbierchen. Es lässt dabei aber auch nicht die notwendige Brise Taktik vermissen, die sich durchaus ergibt. Die Hauptaufgabe der Spieler besteht darin die eigene Hand einzuschätzen und abzuwägen, wo es Sinn ergibt den Stich „sicher“ zu nehmen und mit welchen Stichen man unter Umständen auch rechnen muss. In meinen Runden hat Half Pint Heroes überzeugt. Hat es den Klassiker Wizard ersetzt? Nicht ganz. Es hat genug eigene Ansätze um daneben im Schrank zu stehen, da es durchaus auch einen Tick in der Komplexitätsskale höher anzusiedeln ist.

Happy Hour

Happy Hour bietet Half Pint Heroes noch den gewissen Extrakniff und einen Hauch von Legacy. Mit dabei sind ablösbare Sticker, die man unter bestimmten Voraussetzungen auf seine Karten kleben darf, die die gesamte Runde dann auf- bzw. abgewertet werden. Ebenfalls dabei das Material für zwei weitere Spieler – also für ganz große Runden.

Braucht es die Erweiterung? Happy Hour st sicherlich kein Must-Have. Ich bin dennoch froh sie in meiner Sammlung zu haben. Das eingebaute Legacyelement ist eine Art Hommage an die derzeitige Brettspielwelt, bei dem jedes erfolgreiche Spiel eine Legacy-Variante braucht. Warum also nicht auch ein Stichspiel? Herrlich!

Natürlich bietet die Option auch spielerischen Mehrwert. Sie macht Half Pint Heroes unplanbarer, chaotischer und unterhaltsamer. Je nach Laune der Spielrunde baue ich also die Erweiterung ein, oder aber auch nicht. Die Effekte der Sticker sind vielfältig und interessant.

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Half-Pint Heroes von Roland Goslar, Johannes Goslar und Sören Schaffstein
Erschienen bei Corax Games
Für 2 bis 7 Spieler in ca. 30 Minuten
Boardgamegeek Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Corax Games)