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18.11.2019

Das Streben nach Glück


Streben nach Glück - Ein Leben ist nicht genug!

Spiele sind ein einfacher Zeitvertreib. Sie lenken uns von unserem schweren Alltag ab und entführen uns nicht selten in fremde oder absurde Welten. Der Abstand zur eigenen Realität ist es, der es uns oft erst ermöglicht überhaupt richtig zu entspannen. Doch was ist, wenn ein Spiel die Distanz zu unserem realen Leben aufgibt, wenn uns aufzeigt, wie wenig Zeit wir eigentlich haben und wie gefährlich Stress für uns sein kann? Kann so ein Spiel noch Spaß machen oder streut die Nähe zum eigenen Leben zu viel Salz in offene Wunden? Können wir weiterhin fröhlich Siegpunkte sammeln oder erkennen wir nur die verpassten Chancen unseres eigenen Lebens? Macht so ein Spiel wirklich Spaß und hilft es uns vielleicht sogar unser Leben besser zu verstehen? All diese Fragen hat Das Streben nach Glück bei mir aufgeworfen.


Alles für einen guten Start ins Lebens - Das Spielmaterial

Das Streben nach Glück ist ein Kartenspiel, mit einer offenen Draft-Mechanik, indem verschiedene Ressourcen in Zufriedenheit (die Siegpunkte des Spiels) umgewandelt werden wollen.  Dementsprechend finden wir in Das Streben nach Glück jede Menge Kartn, ein sehr übersichtliches Spielbrett und eine große Zahl an Ressourcenmarkern. 

Während die Karten selber sehr übersichtlich gehalten sind, sorgen Bild und Text für die passende Stimmung. Wenn ich z.B. das Projekt “Schauspieler werden” habe, das Bild einen Künstler mit Schädel in Hamlet-Pose zeigt, eine der Stufen “Baum im Hintergrund” und die letzte “Star des Abends” heißt, habe ich sofort eine klare Vorstellung. 
Geschickt wird beim Spielmaterial die Nähe zur eigenen Realität und zu bekannten Klischees ausgenutzt, um Kopfkino und somit viel Stimmung zu erzeugen.


Auch die Marker für die eigene Zeit in Form von Sanduhren, die persönlichen Einfluss in Form von schüttelnden Händen oder Kreativität in Form einer Glühbirne sind sehr stimmig. Sicherlich mag der Comic-Stil nicht jedem gefallen. Für mich war aber das genau der Punkt, der mich davon abhielt zu viele Parallelen zu meinem eigenen Lebens zu ziehen und eher Vergleiche mit einem modernen Leben im Allgemeinen anzustellen.

Das Spielbrett nimmt sich da nicht aus. Die Aktionsfelder sind eindeutig bebildert und die Leisten für Stress, Glück und Zufriedenheit sehr gut lesbar. Man weiß immer woran man ist. Lediglich die Beschriftung für Glück von +1/+2/+3 bei Glück und -1/-2/-3 bei Unglück hätte ich genau andersrum gestaltet, um es den Regeln besser anzupassen. Verständlich bleibt es trotzdem.

Das Regelwerk ist nämlich sehr gut und einfach geschrieben und konnte mir tatsächlich alle Detailsfragen beantworten die während der ersten Partien aufkamen. Der Spielfluss wurde selten bis nie durch die Regeln unterbrochen.


Das ganze Leben vor einem - Das Spiel

Das Streben nach Glück ist denkbar einfach. Im Kern des Spiel stehen die Aktionen. Davon hat jeder Spieler 6. Hat man eine Aktion ausgeführt, ist im Uhrzeigersinn der nächste Spieler an der Reihe. Eine Aktion läuft dabei immer auf eine von zwei Weisen ab: Entweder ich erhalte direkt Ressourcen oder ich wandle Ressourcen in andere Ressourcen oder Zufriedenheit um.
Einige Aktionen, wie Job nehmen, Partner suchen oder Überstunden machen kann an erst ab Runde 2 wählen, da wir erzählerisch gesehen in der ersten Runde noch in unserer Kindheit oder Jugend sind und Das Streben nach Glück sich strickt gegen Kinderarbeit ausspricht.

Für welche Aktionen ich mich entscheide wird wiederum durch 2 Faktoren wesentlich beeinflusst: Welche Karten und Vorteile habe ich und welche Ressourcen besitze ich? Ziel jeder Aktion sollte es dabei sein Zufriedenheit zu erlangen oder direkt darauf hinzuarbeiten.

Was sich jetzt so simpel und fast solitär-mäßig liest, ist in Wirklichkeit ein wahrer Optimierungskrimi. Bereits in der ersten Runde überlegt man, welche Ressourcen man sammeln sollte, um einen guten Job zu erhalten, schöne Aktivitäten ausführen zu können oder wertvolle Projekte zu starten. 


Ab Runde 2 stellen dann zusätzlich Fragen. Ist man glücklich genug? Denn je glücklicher man ist, desto weniger Ressourcen muss man für den Abschluss einer Projekt-Stufe bezahlen. Hat man genug Aktionen oder muss man Überstunden machen, um effektiv eine Aktion mehr zu machen und ist der Stress das wert? Lohnt sich eine intensive Partnerschaft, die mich jede Runde Zeit kosten wird oder sollte ich lieber Geld verdiene, um mir mehr Gegenstände kaufen zu können?

Während des Spiels hat man zwar kaum Einfluss auf die anderen Spieler, aber durch die vielen direkten Vergleichssituationen bei Stress, Glück, Zufriedenheit, Job, Partnerschaft, Projekten, Besitz und Aktivitäten, ist man immer hoch motiviert. Und gerade bei Jobs und Partner gibt es ja die Möglichkeit den anderen Spielern den aktuellen Traumjob oder Wunschpartner weg zu schnappen. Sicherlich hätte mehr Interaktion dem Spiel gut getan, es hätte aber auch den fantastischen Spielfluss gestört.

In den letzten 3 Runden befinden wir uns dann im Lebensabend und beginnen jede Runde damit, dass wir immer mehr Stress erhalten. Was am Beginn des Lebensabends eventuell nur Zeit in Form von Aktionen kostet, kann bereits eine Runde später zu unserem Tod führen, wenn wir überhaupt soweit kommen.
Denn Stress ist in diesem Spiel nicht nur der Hauptkiller aller Spieler, sondern auch schwer abzubauen. Mit Erholung kann man sich nur an das untere Ende seines aktuellen Stresslevels bewegen, aber nie in ein niedrigeres Stresslevel gelangen. Das ist nur mit Gesundheit möglich, die man im Hauptspiel so gut, wie nie erreichen kann. Das klingt im ersten Augenblick etwas doof, sorgt aber im Umkehrschluss dafür, dass jede Entscheidung noch gewichtiger wird. Denn im stressigsten Fall ist das Spiel extrem kurz und kann schon nach wenigen Runden beendet sein. Wehe dem, der nicht auf sich achtet und nur den falschen Zielen hinterher läuft.


Am Ende war es nicht genug Leben - Das Fazit

Das Streben nach Glück hält genau, was der Titel verspricht. Dieses Spiel treibt jeden Spieler dazu nach möglichst viel Lebensglück zu streben, ohne dabei mahnend oder bedrückend zu wirken. Es macht Spaß, sich immer neuen Projekten zu stellen, sich im Job zu verbessern und den Ruhestand mit der eigenen Familie zu planen.

Dabei gibt es keine Aktion die den Spielfluss stört oder das Spiel ruckelig wirken lässt. Die Wartezeit ist kurz und kann gut genutzt werden, um den nächsten Spielzug zu planen, was den Spielfluss nach befördert und die relativ kleine Anzahl an Runden, sorgt dafür, dass pro Spieler nur ca. 25 min Spielzeit anfallen.

Sicherlich ist Das Streben nach Glück nichts für jene, die komplexe Simulationen und viel Interaktion lieben und brauchen. Wer aber Spaß an Punkteoptimierung hat und lieber ein Wettrennen, als einen Wettkampf, mit anderen Spielern veranstaltet, de ist hier genau richtig. Auch der geneigte Solospieler sollte genauso zugreifen, wie jeder Einsteiger in das Brettspiel-Hobby.

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Das Streben nach Glück von Adrian Abela und David Chircob
Erschienen bei Artipia Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 75 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Artipia Games)