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23.10.2019

Flügelschlag


Flügelschlag – Ornitologisches Quartet mit spielerischem Tiefgang

Eine sanfte Melodie ertönt. Die frühen Vögel sammeln sich an einer Tränke und schwärmen aus, um Früchte, Fische oder andere Nahrung zu sammeln. Nester werden in Wald, Wiese und an Gewässern angelegt. Schwärme finden sich zusammen und Eier werden ausgebrütet. Die Population der Vögel entwickelt sich prächtig, so dass immer mehr Vögel eine neue Heimat in diesen geschützten Biotopen finden. Versteckt im Gebüsch kann man einen Ornithologen erkennen, der Eier und Nester zählt, während er einer Reisegruppe flüstern Details zu den entdeckten Vögel vorträgt. Diese idyllische Atmosphäre ist nur einer der Gründe, warum Flügelschlag „Kennerspiel des Jahres 2019“ geworden ist.

Auffällig gefiedert – Das Spiel Material

Flügelschlag aus dem Hause Stonemaier Games, in Deutschland bei Feuerland erschienen, zeigt typische Qualitäten eines Stonemaier Spiels. Die Materialien sind alle hochwertig und robust, aber gleichzeitig auch schön und praktisch. So sind die Karten der Vögel übersichtlich gestaltet, die Motive folgen einem fotorealistischem Stil, die Symbole sind klar erkenn- und unterscheidbar und das Papier ist leinenverstärkt.


Etwas karg muten die Bonuskarten und Rundenziel-Marker an, was aber spielerisch ein Vorteil ist. So sind die Ziele leicht erkennbar und schnell erlernt. Schon ab der zweiten Runden gab es praktisch keine Fragen zur Bedeutung der Symbolkombinationen mehr.

Die Auslage für die offenen Karten ist gleichzeitig der Deckel für die Kartentransportbox. Die Marker und Eier sind optisch und haptisch angemessen gestaltet. Das gilt auch für den Würfelturm in Form eines stabilen Vogelhäuschens und für die Würfel. Außerdem ist alles in ausreichender Zahl vorhanden. Nie bekommt man den Eindruck, dass die Karten, Token oder Eier ausgehen könnten.

Auch das Regelheft ist übersichtlich und schön gestaltet. Außerdem lockern Kommentare der Spieldesignerin, zum Unterschied zwischen Realität und Spiel, das Regelheft mit ihrer leichten Naivität auf. Das der übliche Anhang in ein weiteres Heft ausgelagert wurde, erleichtert es außerdem verschiedene Dinge im Laufe des Spiels nachzulesen. Das Warten aufgrund von Regelfragen wird so in den ersten Spielen stark reduziert.
Zu guter Letzt fügen sich auch die Spielerauslagen reibungslos, von Qualität und künstlerischer Gestaltung, in das sehr gute Bild der Spielmaterialien ein.


Optisch und haptisch ist Flügelschlag hochwertig und gibt dem Käufer auf den ersten Blick das Gefühl, ein gutes Geschäft gemacht zu haben.

Alle Vögel sind bald da – Das Spiel

Flügelschlag ist auf den ersten Blick ein sehr simples Spiel. Man erhält zu Beginn des Spiels 5 Karten, 5 Ressourcen (einen von jeder Sorte) und 2 Bonuskarten. Außerdem liegen bereits 3 Vögel offen auf der Tränke und alle 4 Rundenziele wurden schon zufällig ausgewählt. 

Von den 5 Karten und den 5 Nahrung darf jeder Spieler insgesamt 5 behalten und von den Bonuskarten eine. Diese sinnvoll zu kombinieren und dabei die Vorteile der Lebensräume im Auge zu behalten, erfordert eine gute Übersicht und wichtige Entscheidungen. So bekommt schon der Beginn des Spiels eine taktische Twist, der es einem zusätzlich erlaubt bzw. abverlangt, sich den Spielgegebenheiten anzupassen. 


Von da an gestaltet sich das Spiel sehr geschmeidig. Jeder Spieler startet mit 8 Aktionsmarkern in die erste Runde. Jeder Marker darf für eine der 4 Aktionen - Karten ausspielen, Nahrung sammeln, Eier legen und Karten ziehen - genutzt werden. Dafür legt man einfach einen seiner Marker auf das am weitesten rechtsliegende Feld der gewünschten Aktion und führt diese aus. 

Karten ziehen ist dabei die einfachste Aktion. Man darf die angegebene Anzahl an Vogelkarten in beliebiger Kombination von der Tränke (offene Karten) oder dem Stapel (verdeckte Karten). Anschließend wird die Tränke aufgefüllt und der nächste Spieler ist an der Reihe. Hier muss manganz besonders auf das Timing achten. Oft lohnt es sich schon ab Runde 3 nicht mehr Karten zu ziehen oder nur noch einmal. 

Eier legen ist schon etwas schwieriger. Zusätzlich zu den Eiern, die man erhält, muss man diese auf bereits gespielte Vögel ablegen. Dabei kann jeder Vögel nur eine begrenzte Anzahl auf sich abgelegt haben. Bei manchen Vögeln ist sogar ganz verboten. Außerdem werden Eier auch benötigt, um mehr Vögel im gleichen Lebensraum ausspielen zu können. Dabei gilt es das Ausspielen von Vögeln mit Siegpunkten auszutarieren. Denn nicht nur ist jedes Ei amended des Spiels 1 Siegpunkt wert. Oft werden Eier auch für die Erfüllung von Bonuskarten und Rundenzielen benötigt. Jede Entscheidung für oder gegen Eier muss also gut überlegt sein. Leider führt diese enorme Bedeutung auch dazu, dass man gegen Ende des Spiels kaum eine andere Aktion sinnvoll ausführen kann. 


Nahrung sammeln erlaubt es einem Spieler Nahrung aus dem Vogelhäuschen, einem Würfelturm, zu nehmen, sofern diese auf den Würfeln liegen. Hier ist es extrem wichtig darauf zu achten, in welcher Reihenfolge man die Nahrung aus dem Vogelhäuschen nimmt. Denn nach jeder genommenen Nahrung wird geprüft, ob alle restlichen Würfel in dem Vogelhäuschen das gleiche Symbol zeigen. In diesem Fall darf man sich nämlich eine Nahrung seiner Wahl nehmen. Das gilt auch für den letzten Würfel. Zusätzlich sollte man beachten, dass alle Spieler aus dem gleichen Vorrat Nahrung sammeln und das erst neu ausgewürfelt wird, wenn alle 5 Nahrungswürfel aus dem Häuschen genommen wurden. Das ist auch für einige Karten, wie Raubvögel relevant, da die Jagd durch das Würfeln mit allen Würfeln außerhalb des Vogelhäuschens simuliert wird. 

Einseitige Entscheidungen gibt also nicht. Das merkt man auch an einem weiteren Effekt, den diese 3 Aktionen gemein haben. Haben wir uns für eine Aktion und damit für einen Lebensraum entschieden, werden von rechts nach links alle Effekte mit dem Zusatz "Bei Aktivierung" ausgeführt. So können leicht übermächtige Kombinationenen entstehen, wo man z.B. Karten zieht, um durch Aktivierung Karten unter Vögel zu legen, gegen Eier oder weitere Karten tauschen. 

Diese Möglichkeit macht das Ausspielen von Karten, die vierte Aktion, nochmal interessanter. Nicht nur, dass jeder Vogel die Aktion des Lebensraums verstärkt, er kann auch eine Kombo verstärken und eben wertvolle Eier kosten, wird er auf den hinteren Feldern gespielt. Zusätzlich bringt direkt jeder Vogel Siegpunkte (zusätzlich zu den Eiern, die man auf ihm ablegen kann). Viele Vögel haben auch Effekte beim Ausspielen. Mit einfachen Mitteln wurde hier ein komplexer Tiefgang erreicht, ohne dass dieser Gelegenheitsspieler überlastet. Dazu tragen auch die Bonuskarten bei. An deren unteren Ende wird durch eine Prozentzahl dargestellt, wie wahrscheinlich es ist, diese Ziele zu erreichen.


Hat jeder Spieler alle Aktionen genutzt, werden die Rundenziele ausgewertet. Diese bieten neben den Nahrungswürfeln und den Vogelkarten an der Tränke, eine weitere Möglichkeit mit anderen Spieler zu interagieren. Denn nur wer der Beste, Zweite oder Dritte im Rundenziel ist, bekommt überhaupt absteigend Punkte. Wem das nicht zusagt, darf das Rundenbrett auch drehen. Auf der Rückseite bekommt jeder Spieler einfach einen Punkt pro Erreichen des Rundenziels, aber maximal 5. So kann man das Spiel noch familienfreundlicher gestalten. Persönlich fand ich das aber nicht sehr reizvoll. 

Ein ganz besonderer Schwarm - Das Fazit

Flügelschlag ist aus meiner Sicht zurecht Kennerspiel des Jahres geworden. Eine scheinbar einfache und solitäre Spielweise entpuppt sich als Engine Building oder Set Collecting in einem sehr familienfreundlichen Gewand. Die Kombinationen machen Spaß und sind herausfordernd.

Der gute Eindruck wird lediglich durch die geringen Interaktionsmöglichkeiten und den Drang ab dem Ende der 3. Runde, nur noch Eier legen zu wollen, getrübt. 
Wen das nicht stört und Abwechslung in den nächsten Fanilienspieleabend bringen will, der sollte unbedingt zugreifen!
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Flügelschlag von Elizabeth Hargrave
Erschienen bei Feuerland
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 60 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Feuerland)