Krachendes Metall, sprühende Funken, vor Spannung elektrisierte Luft. Ein schneller, gnadenloser Wettkampf, den am Ende nicht der Kämpfer mit den größten Muskeln gewinnt, sondern derjenige mit dem mächtigsten Roboter und dem gerissensten Plan! Das ist die Idee und Faszination hinter einem Roboter-Arenakampf – egal ob es sich um die aus den 90ern bekannte britische Fernsehshow Robot Wars handelt oder um VOLT, das 2019 als eine der ersten Veröffentlichungen von HeidelBÄR Games erschienen ist.
VOLT basiert auf einem Design von Emerson Matsuuchi (CENTURY-Reihe, REEF) und wurde von HeidelBÄR Games in einigen Aspekten verfeinert. Herausgekommen ist ein blitzschnelles und kurzweiliges Aktions-Programmier-Spiel, in dem bis zu vier Spieler drei Aktionen ihrer Roboterminiaturen pro Runde im Vorhinein bestimmen, und darauf hoffen, dass beim anschließenden Ausführen der Aktionen alles so läuft, wie sie es sich vorgestellt haben.
Ausgetragen wird der Wettkampf mit vorbildlich produziertem Spielmaterial. Hier darf das Lob ruhig großzügig ausfallen: Die Box des Spiels wird zur Roboterarena umgebaut, indem eines von vier Spielfeldern auf der Box platziert wird. Die Ecken der Arena werden zudem mit Türmen aus Karton geschmückt, die dem Ganzen Dreidimensionalität verleihen. Dabei wackelt nichts, das Material der Pappteile fühlt sich durchweg wertig an und überall ist thematisch stimmungsvolles Artwork zu finden (es gibt sogar fiktive Werbebanner auf den Rändern der Schachtel!). Auch die Roboterminiaturen sind hochwertig und laden zum Bemalen ein. Zum Einräumen des Spielmaterials in die Schachtel findet man ein sinnvoll gestaltetes Inlay vor. Sehr schön, das alles!
Das Spiel selbst ist ein Rennen um Siegpunkte: Der Spieler, der zuerst seinen fünften Siegpunkt erhält, gewinnt sofort. Dabei wird zu Beginn jeder Runde ein neuer Siegpunkt als Plättchen auf dem Spielfeld platziert. Wer am Ende der Runde auf dem entsprechenden Feld steht, erhält den Punkt. Außerdem erhält man einen Punkt für das Zerstören eines gegnerischen Roboters. Eine Partie spielt sich also fix: Viel länger als 30 Minuten dauert es kaum, bis jemand den Sieg erringt.
Wie erwähnt plant jeder Spieler zu Beginn einer Runde verdeckt drei Aktionen, die dann der Reihe nach ausgeführt werden – zunächst alle ersten Aktionen, dann alle zweiten Aktionen, und so weiter. Es gibt dabei zunächst nur zwei mögliche Arten von Aktionen zu bedenken: Bewegen (orthogonal) oder Schießen (ortho- oder diagonal). Dazu platziert man einen blauen oder roten Würfel auf das entsprechende Richtungsfeld seiner Steuerungskonsole. Der Würfel wird vorher NICHT gewürfelt; die angezeigte Augenzahl darf man sich selbst aussuchen. Bei den blauen Bewegungswürfeln gibt die Augenzahl die Weite der Bewegung an, bei den roten Schießwürfeln geht es nicht um Reichweite, sondern allein um das richtige Timing – denn die Augenzahl gibt sozusagen die Initiative einer Aktion an: Aktionen mit niedrigen Augenzahlen werden vor Aktionen mit höheren Augenzahlen ausgeführt. Bewegungswürfel mit gleichen Augenzahlen wie Schießwürfel werden zudem immer vor Schießwürfeln abgehandelt. Wenn ich davon ausgehe, dass mein Gegner sich in seiner ersten Aktion auf ein bestimmtes Feld bewegen möchte, auf das ich dann schießen kann und will, und er für dieses Feld drei Schritte gehen muss, muss mein roter Würfel also eine drei oder höher zeigen, sonst geht der Schuss ins Leere.
Und was ist bei Würfeln gleicher Farbe und gleicher Augenzahl? Da entscheidet eine Startnummer, die man sich aussuchen kann, wenn man mit dem Planen fertig ist. Schnelles Planen wird also belohnt, denn die Startnummer kann darüber entscheiden, ob man am Ende auf einem Siegpunkt steht oder von seinem höhnisch grinsenden Gegner vom Siegpunkt geschubst wird – am besten noch in eine Grube. Ärgerlich, aber das Spiel ist dadurch natürlich noch nicht gelaufen: Zur nächsten Runde kommt man wieder ins Spiel.
Weiter aufgepeppt wird das Geschehen durch Module, die den Robotern aktive und passive Fähigkeiten bescheren. Die kann man auch weglassen, aber ich würde unbedingt empfehlen, VOLT auf diese Weise zu spielen! Die Module erhöhen die Bewegungs- oder Angriffsmöglichkeiten auf interessante Weisen, zum Beispiel durch diagonale Bewegungen und Teleport oder Minen und Granaten. Jeder Spieler verfügt über eine zufällige Auswahl zu Beginn des Spiels und kann im weiteren Verlauf neue Module erhalten, jedoch maximal zwei zur gleichen Zeit aktiv haben. Sie machen das Spielgeschehen auf der einen Seite unberechenbarer, auf der anderen Seite spektakulärer, wenn ihr Einsatz gelingt: Mir fällt auf dieser Welt nicht viel ein, das befriedigender ist, als einen Gegner per Fernsteuerung in eine Mine zu lenken, die er selbst platziert hat.
Aktions-Programmierung als Spielmechanik in der Art, in der es VOLT versucht, ist immer ein Seiltanz zwischen Chaos und Taktik. Beides hat seinen Reiz: Das Chaos ist schlicht unterhaltsam. Zu sehen, wie die eigenen brillanten Pläne vor aller Augen grandios scheitern, zaubert (mit etwas Fähigkeit zur Selbstironie) jedem am Tisch ein Lachen ins Gesicht. Die Taktik hingegen befriedigt das kompetitive Spielerherz. Wenn die eigenen brillanten Pläne vor aller Augen aufgehen, schmeichelt das dem eigenen Ehrgeiz und weckt im Idealfall ein anerkennendes oder zähneknirschendes „Nicht übel“ aus den Reihen der Kontrahenten. Es ist aber nicht leicht, die richtige Balance zwischen diesen Polen zu finden. Zu chaotisch, und das Spiel wird zu einem hübscheren Mensch-Ärgere-Dich-Nicht. Zu taktisch, und das Spiel wird trocken und steif.
VOLT gelingt dieser Seiltanz meines Erachtens ziemlich gut. Dafür spricht zunächst mal, dass einem das Spiel meistens das Gefühl gibt, die Lage überblicken zu können, und dass die Runden sehr zügig von statten gehen: Da man nur drei Aktionen plant und das Ziel meist klar ersichtlich ist (der nächstgelegene Siegpunkt oder ein angeschlagener Gegner), hat man sich schnell auf einen Kurs festgelegt. Wenn es doch nicht klappt wie gedacht, wiegt der Frust nicht schwer, da es direkt weitergeht und man bereits die Chance wittert, diesmal die richtigen Aktionen zu wählen.
Zudem gibt einem VOLT die Möglichkeit, die Menge an chaotischen Faktoren zu reduzieren oder zu erhöhen. Spielt man es zu zweit und ohne Module, gibt es kaum etwas, das man nicht bei angemessener Bedenkzeit hätte vorhersehen können. Mit steigender Spielerzahl und Modulen ändert sich das. Und wenn man nur zu zweit oder dritt ist, aber unvorhersehbare Elemente liebt? Kein Problem: VOLT lässt sich mit bis zu zwei Killbots spielen. Das sind Nichtspieler-Roboter, die nach einfachen Regeln in der Arena mitmischen. Das klappt erstaunlich gut. Ernstzunehmende Konkurrenten sind die Killbots zwar nicht, aber ein tolles dynamisches Hindernis, um das Spiel mit wenigen Spielern abwechslungsreich zu halten.
Wie man herausliest, halte ich VOLT definitiv für ein gutes Spiel. Die Gretchenfrage wäre vielleicht: Wenn ich weiß, dass mir ein Spiel wie VOLT grundsätzlich zusagt, weil ich gerne Rob Rally oder etwas Vergleichbares auf den Tisch bringe, lohnt sich die zusätzliche Anschaffung von VOLT überhaupt? Ich persönlich würde sagen: Ja! Nicht weil VOLT besser ist, sondern weil es bei mechanischer Ähnlichkeit doch einen eigenen Charakter hat. Es führt seine Mechaniken und sein Artdesign auf eine Art und Weise zusammen, die das Gefühl einer Roboter-Kampfarena sehr gut treffen – schnell, wild und doch keine reine Glücksangelegenheit, sondern ein Wettkampf taktischen Geschicks. Und das alles in einer sehr zeitgemäßen Produktion, dank HeidelBÄR Games.
Wer also bei Beschreibung eines solchen Spielgefühls hellhörig wird oder wer bereits Fan eines ähnlichen Spiels ist, dem kann ich VOLT klar ans Herz legen!
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier HeidelBär Games)