Hin und wieder mal schreibe ich hier an dieser Stelle über Wargames bzw. CoSims. Das hat ganz einfach damit zu tun, dass mein persönlicher Spielegeschmack recht vielseitig ist. Ich spiele von Eurogames, über Ameritrash bis hin zu eben jenen CoSims fast alles hin und wieder gerne. Deshalb gibts heute einen Text zu Cataclysm von GMT Games. Ich schreibe an dieser Stelle bewusst „einen Text“ anstatt „einer Rezension“, denn Cataclysm ist ehrlicherweise kein Spiel, was man mal so eben spielt und rezensiert. Will ich eine einzige vollständige Partie spielen, sollte ich ca. 12 Stunden einplanen. Und um die Frage vorweg zu nehmen: Nein, ich habe das nicht getan. Meine Erfahrungen mit Cataclysm beschränken sich auf zwei Partien des Einstiegsszenarios, bei eben jedem ich alleine auch jeweils 4 Stunden beschäftigt war. Und selbst in diesem Einstiegsszenario ist noch nicht alles aufgetreten, was in einer Partie Cataclysm passieren kann. Betrachtet diesen Text also eher als eine Art Vorstellung des Spiels.
Fangen wir doch zunächst ganz klassisch beim Material an. Cataclysm reiht sich wie selbstverständlich in die Reihe von GMT Spielen ein. Eine solide Box, wertiges Material - egal ob Counter oder Holzcubes und außerordentlich gute Spielerhilfen. Einziger Wehrmutstropfen ist die lediglich mitgelieferte Papermap, anstatt eines „mounted boards“. Dafür bekommen wir aber zwei. Eine für Europa und eine für den Pazifik. Auch wieder an Bord ist eine gute (bei Zeiten überwältigend wirkende) Anleitung, sowie ein fantastisches Playbook. Kurzer Exkurs zu den Playbooks: GMT produziert in aller Regel komplexe Spiele. Um den Einstieg zu erleichtern, liefert der Verlag sogenannte Playbooks mit, in welchen die Spieler durch ein Beispielszenario Stück für Stück gelotst werden. Zusätzlich gibt es interessante Hintergrundinfos. Warum macht Spieler A folgenden Zug etc. In Cataclysm ist das nicht anders. Hier fällt das Playbook sogar noch umfangreicher aus, sodass man theoretisch sogar eine vollständige erste Kurzpartie dem Heft folgen kann. Super!
Ein Einstieg über das Playbook würde ich auch jedem Neueinsteiger zwingend empfehlen, denn Cataclysm ist komplex. Nicht unbedingt in seinen Mechanismen, sondern vielmehr überwältigt es zu Beginn die Spieler mit seinen Möglichkeiten. Cataclysm nennt sich auf der Box „A Second World War“. Und genau das trifft es ziemlich gut. Hier übernehmen die Spieler zwar die Rollen der Hauptprotagonisten, aber das Spiel beginnt bereits 1933, wo der Krieg noch nicht angefangen hat und die Spieler sind mehr oder weniger frei ihre eigene Geschichte zu erzählen. Deutschland muss nicht Frankreich überfallen, nein, warum nicht England? Cataclysm lässt den Spielern völlig freien Raum, da es ein sandboxartiges System bietet, bei dem die Spieler ihren eigenen Weg gehen können. Das ist ungewöhnlich und fasziniert.
Der Hauptmechanismus in Cataclysm ist spielmechanisch leicht chaotisch, was insofern auch etwas untypisch für ein CoSim ist. Mit einem Plättchenziehmechanismus werden nacheinander Aktionen der beteiligten Streitkräfte abgehandelt, wobei die Spieler ganz bewusst diese Plättchen in ein Säckchen werfen. Sie planen zwar etwas, wissen aber nie genau, wann diese Aktion tatsächlich ausgeführt wird. Das hat seinen eigenen Charme. Das ganze ist zwar weitaus unstrategischer, als es sein könnte, aber es reizt ungemein nach einem Zug spontan auf die nunmehr aktuelle Situation reagieren zu müssen. Die Aktionen in Cataclysm reichen dabei von militärischen Aktionen bis hin zu politischen. Ich kann Truppen einmarschieren lassen, kann aber auch Länder oder Bürgerkriege politisch beeinflussen. Dabei hat grundsätzlich jede Aktion auch eine Reaktion und schmeisst meistens weitere Plättchen in den Sack. Oft macht es also wenig Sinn etwas durchzuführen, wenn dadurch zum jetzigen Zeitpunkt der Gegner mächtigere Zusatzaktionen bekäme.
Der eigentliche Kampf in Cataclysm ist dabei super simpel gehalten. Es werden einfache W6 geworfen und die jeweils höchsten Werte miteinander verglichen. Und so weiter. Punkt. Das mag für Kenner von Wargames komisch und viel zu simpel klingen, aber man muss verstehen, dass Cataclysm eben kein typisches Wargame ist. Es geht vielmehr darum eine ganze Nation zu führen. Dabei sind die einzelnen Kriege bzw. Schlachten tatsächlich nur ein kleinster Bestandteil im großen Ganzen.
Wie sind meine ersten Erfahrungen mit Cataclysm Cataclysm hat mich persönlich überrascht. Bereits beim Lesen der Beschreibung hatte ich damals richtig Lust auf eine Partie bekommen, da es so erfrischend anders klang. Schlussendlich wurde ich auch nicht enttäuscht. Ich habe genau das bekommen, was ich von Cataclysm erwartet habe. Ein einzigartiges Spielkonzept, dass ich vermutlich nie in seiner vollen Länge spielen werde. Cataclysm macht richtig Lust auf mehr und ich ziehe meinen imaginären Hut vor der Designerleistung, so etwas zu schaffen. Wie bei allen komplexen Wargames ist es aber auch hier unerlässlich am Ball zu bleiben. Ich muss mich ins Spiel einarbeiten, muss es mehrmals in kurzer Abfolge spielen und am besten mit den gleichen Spielpartnern. Schaffe ich das nicht, starte ich gefühlt jedes mal wieder fast von Null. Auf Cataclysm muss man Lust haben… und Zeit. Hat man beides, bekommt man ein einzigartiges Spiel, bei dem man Geschichte schreiben kann und Politik auf oberster Ebene erleben. Wenn ich Euch nun ein wenig Lust darauf gemacht habe, dann schaut doch mal, ob Ihr ein Exemplar ergattern könnt. Es ist definitiv einen Blick wert für alle, die auch nur ansatzweise an CoSims interessiert sind - allein aufgrund seiner Einzigartigkeit.
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Cataclysm von Scott Muldoon, William Terdoslavich
Erschienen bei GMT
Erschienen bei GMT
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier GMT)