http-equiv = "content-language" content = "en" lang = de; lang=de; Vae Victis - BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen <BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen></BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen> ~ BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen

01.04.2019

Vae Victis


Rom ist eine Hure, so spotten die Barbaren im Norden, Westen und Osten. Sie spotten darüber, dass unsere einst so geliebte Kultur, an den Streiks einfacher Arbeiter zerbricht, weil niemand mehr die Kloaken reinigt. Niemand kümmert sich um die Schatzkammer. Die Senatoren plündern diese nur oder besorgen sich Geld außerhalb des Imperiums. Die Söldner, die mittlerweile für Rom kämpfen, weil sich unsere Bürger zu fein für den Krieg geworden sind, fordern immer mehr Rechte. Manche wollen nicht nur Foederatie sein, sondern sogar Bürger Roms! Und der Senat verstrickt sich in Kämpfen, ständig wechselnder Lager. Und zu allem Übel droht echter Krieg in Hispanien, Gallia, Germanien und Britannia. Wehe unserem Imperator, dass er die Gunst der Patrizia nicht verlieren möge. Vae Victis Romanum!

Hinweis 1: Ich habe hier den Prototyp von Vae Victis auf Tabletopia.com getestet. Das Spiel wird sich also äußerlich stärker, als gewöhnlich, von der Endversion auf Kickstarter.com unterscheiden. Außerdem sind einige der Designs noch nicht final, auch wenn das Spiel schon so gut, wie fertig, sein sollte.

Hinweis 2: Vorab möchte ich kurz auf den Grafikstil eingehen. Für einige mag dieser Stil sehr gewöhnungsbedürftig sein. Mir gefällt dieser Stil aber ausgezeichnet. Wer die kurzen Dokumentationen von TEDx kennt, wird sich eventuell an das Video, über den Alltag eines römischen Teenagers erinnern. Dieses verwendete einen ähnlichen Stil. Ich finde, dass dieser Stil eine herrliche Mischung aus dem Cartoon Stil der 1960er und der 8-Bit-Grafik darstellt. Wer mit diesem Stil aber gar nicht anfangen kann, sollte dieses Review lesen und eventuell ein Probespiel wagen, bevor er/sie/es das Spiel aus “äußerlichen Gründen” ablehnt. Doch kommen wir nun zum eigentlichen Text.


Ausrüstung und Staat - Das Spielmaterial

Vae Victis ist ein kurzer, aber sehr intensives Spiel voller Tücke und diplomatischem Geschick. Es kommt extrem wenig Material aus, schafft es aber, fast alle Aspekte der frühen Kaiserzeit gut und spielentscheidend darzustellen.
Das eigentliche Spiel findet auf den 3 einzelnen Tableaus statt. Das Erste zeigt die militärischen Fortschritte in Hispanien, Gallien, Britannien und Germanien an. Jeder Krieg wird durch einen einfachen Pfad aus Punkten dargestellt, der etwas an ein Mensch-ärger-dich-nicht!-Feld erinnert. Hinzu kommt ein Marker und fertig ist das römische Militär. Gut gefallen mir die Hintergründe der Pfade, die fast wie eine Version der damals geografisch bekannten Fakten wirkt und trotzdem nicht weit von der Realität abweichen. So kommt Stimmung auf und die Heere der Barbaren stehen quasi immer kurz vor den Toren Roms. Barbarie ante Portas! 

Das nächste Tableau stellt den römischen Staat und dessen Verwaltung dar. Auch hier haben wir einen einfachen Pfad für die Gebiete Schatzkammer, Sanitäranlagen und Söldner. Optisch wird aber sofort klar, dass man dieses Tableau nicht zu lange vernachlässigen darf, da sonst Unheil und vielleicht sogar der Untergang Roms, droht. Besonders die Flammen bei den Söldnern und die grünen stinkenden Flüsse bei den Sanitäranlagen vermitteln ein relativ bedrohliches Bild und tragen so zu intensiven Atmosphäre des Spiels bei.

Das dritte Tableau stellt die Privilegien und Möglichkeiten eines römischen Patriziers dar. Ob es nun das Starten von Kriegen, das Plündern der Schatzkammer, die Beratung des Imperators, der Besuch des Bades, das Reden im Forum oder das Beeinflussen des Senates ist. Egal was das Herz eines römischen Adligen politisch bewegt, in Vae Victis gibt es einen Platz dafür.


Um das stilsicher gestaltete Material abzurunden, gibt es noch jeweils zwei Arten von Zielkarten, die einerseits eure Kriegsziele und andererseits eine Konstellation im Senat darstellen, Bonuskarten, die man in für den Besuch der Therme erhalten kann und drei Schicksalswürfel. Einzig die Senatsfiguren und die Aktionsmarker fallen durch ihr einfaches Design etwas aus dem Rahmen.
Die Gestaltung der Materialien ist sehr gut und vor allem sehr übersichtlich und intuitiv gelungen. Im Spiel weiß ich immer mit nur einem Blick, was gerade passiert und was noch möglich ist. Rom fühlt sich klein und bedroht an, was eine großartige Atmosphäre erzeugt.

Lex Imperium - Das Regelwerk

Das Regelwerk von Vae Victis ist nicht nur erwartbar kurz, sondern auch widererwartend abschließend. Bei den Testspielen ist mir keine Frage eingefallen, die nicht vom Regelwerk beantwortet werden kann. Dieses Spiel wird auf ein umfangreiches FAQ verzichten können (ich schaue auf dich Fantasy Flight Games).
Auch die Struktur und die Formulierung machen es einfach den Regeln zu folgen und das Spiel zu lernen. Die intuitive Gestaltung der Symbole und Tableaus zahlt sich hier doppelt aus. Übersichtlichkeit und Lernbarkeit sind so gut, dass gerne auch von Gelegenheitsspielern oder Kindern (ab 12 Jahre würde ich schätzen) gelernt werden kann. Besonders gut sind die Beispiele und die verschiedenen farbigen Kästchen. Wichtige Informationen stechen so immer aus der Masse heraus. Scheinbar komplexe Situationen lösen sich so ganz einfach aus. Ein Knoten im Kopf kann bei diesen Regeln fast gar nicht entstehen.

Alea iacta est! - Das Spiel


Vae Victis besteht aus drei einfachen Phasen: 

1. Schicksalsphase: Hier werden die drei Schicksalswürfel geworfen. Diese zeigen an, welcher Barbarenstamm gerade etwas Oberwasser gewinnt oder welcher Teil des Staates, also die Schatzkammer oder die Sanitäranlagen, gerade vor die Hunde geht. Von dem Ergebnis darf nun ein Würfel kostenfrei und die anderen jeweils gegen die Zahlung von 1 Münze aus dem Ergebnis gestrichen werden. Die restlichen Ergebnisse werden abgehandelt. Es muss aber gut überlegt werden, welche Ergebnisse man zulässt. Denn einerseits haben alle Spieler das Spiel verloren, wenn ein Marker auf dem Staat- oder Kriegstableau das Ende erreicht, andererseits möchte man auch den anderen Spielern nicht helfen, dass ausgerechnet ihr Krieg, nicht schwieriger zu gewinnen wird. Ist das Ergebnis abgehandelt, geht es weiter zur nächsten Phase.

2. Unterstützungsphase: In dieser Phase muss jeder Spieler mindestens eine, aber maximal zwei, Aktionen ausführen ausführen. Zur Wahl stehen:

a) Kriege führen: Hier darf der Spieler entscheiden, aber er drei Kriege jeweils einen Schritt oder einen Krieg zwei Schritte nach vorne bewegen möchte. Das geht jedoch nur für Kriege, die noch nicht gewonnen sind.
Wird diese Aktion ein zweites Mal in einer Runde ausgeführt, müssen am Ende die drei Schicksalswürfel geworfen werden. Für jedes gewürfelte Symbol, welches mit dem Symbol eines vorangetriebenen Krieges übereinstimmt, muss der Marker auf dem Söldnerpfad einen Schrift nach unten, für jeden Schritt in diesem Krieg in dieser Runde, bewegt werden. Schlechte Ergebnisse können hier nur noch durch Thermenkarten ignoriert werden. Für jeden Staatspfad gilt: Wird beim Weg nach unten ein Symbol an der Seite erreicht oder überschritten, wird es ausgeführt und es ist nie gut.
Die zweite Kriegsaktion eignet sich besonders gut dazu, andere Spieler vom Krieg oder von zwei Kriegsaktionen abzuhalten. Denn die Lage der Söldner darf nicht unterschätzt werden. Im schlimmsten fall kann sich diese in einer Runde um 6 Schritte nach unten bewegen und das Spiel damit für alle beenden.

b) die Schatzkammer plündern: Wird diese Aktion das erste Mal in einer Runde ausgeführt, so darf man sich einfach die Hälfte aller Münzen nehmen, bis die persönliche Reserve 8 Münzen erreicht hat. Die restlichen Münzen der Hälfte verlassen das Spiel. Alle Münzen in der Schatzkammer kommen von Aktionen, in denen Spieler Münzen bezahlt haben. Verliert man also Münzen, wird die Anzahl der Münzen im Spiel insgesamt kleiner.
Nutzt man diese Aktion ein zweites Mal, darf man sich das restliche Gold aus der Kammer nehmen (auch hier muss das eigene Limit beachtete werden) und man muss mit ganz normalen Würfeln werfen. Jede 6 verschlechtert dabei die Lage der Sanitäranlagen und jede 5 die Lage der Schatzkammer an sich. Diese zweite Aktion ist besonders gut dazu geeignet Spieler dazu zu zwingen den Imperator zweimal zu beraten und somit für einen, Rom am Laufen zu halten. Denn nur so kann man neue Münzen ins Spiel bringen.


c) den Imperator beraten: Mit dieser Aktion dürft ihr einen Staatspfad (Schatzkammer, Sanitäranlagen und Söldner) einen Schritt nach oben bewegen. Wie bereits erwähnt, erhält ein Spieler, der den Imperator zweimal berät, zwei neue Münzen von außerhalb des Spiels in seinen Vorrat, sollte dieser nicht voll sein.
Diese Aktion stellt die einzige Möglichkeit dar Rom vor dem Untergang zu bewahren. Sei es der finanzielle Ruin oder eine Revolte der Söldner. Rom steht eigentlich immer kurz vor dem Untergang. Wer es nicht rettet, sollte besser gewinnen, sonst wird er selbst Teil des Untergangs werden.

d) das Bad besuchen: Im Bad muss ein Spieler eine Münze an die Schatzkammer abgeben, um eine Karte zu ziehen. Dies darf auch für zwei Münzen ein zweites Mal durchgeführt werden.
Diese Intrige-Karten können jeder für ihren Effekt gespielt oder abgeworfen werden. Spielt man mit Verräter, so kann auch diese Karte gezogen werden. In dem Fall würde der Spieler mit der Verräter-Karte das Spiel gewinnen, wenn eigentlich alle das Spiel verlieren würden. Diese Karten sind extrem hilfreich, vor allem, wenn man riskante Aktionen, wie einen zweiten Krieg in einer Runde, durchführen will. Außerdem sind sie eine wunderbare Möglichkeit andere Spieler über die eigene Stärke zu täuschen.

e) den Senat beeinflussen: Wer den Senat beeinflussen will, muss eine Münze bezahlen und darf dann die Figur einer Farbe in den Senat setzen oder aus diesem entfernen. Das kostet beim ersten Mal eine Münze und beim zweiten Mal zwei.
Aus meiner Sicht ist das der schwächste Part des Spiels. Zwar kann man an sich das Spiel nur gewinnen, wenn die Konstellation im Senat stimmt und gewisse Stellungen von Senatoren deuten auf ein gewisses Ziel im Senat hin. Aber durch den Senat kann auch das Spiel nicht verloren werden und keine weiteren Möglichkeiten gewonnen werden.
Hier wäre es schön gewesen, wenn Senatsmehrheiten einen Bonus ausgelöst hätten oder ein Malus entsteht, wenn eine Fraktion gar nicht im Senat vertreten ist.
Zwar bleibt der Kampf um den Senat trotzdem wichtig, ist aber nicht ganz so intensiv oder atmosphärisch, wie der Rest des Spiels.


In dubio pro Excelencium - Das Fazit

Vae Victis ist vermutlich das beste Spiel über das Imperium Romanum, was ich je auf Tisch hatte. Es fokussiert sich auf eine höhere Meta-Ebene des römischen reiches und stellt die Aufgaben eines Patriziers spannend und vielseitig dar. Jede Aktion hat ihre Aufgabe, doch scheint einmalig zu schwach, um den Sieg zu bringen. Doch führt man eine Aktion ein zweites Mal aus, ist man immer kurz davor, das Spiel zu beenden oder lediglich den Kontrahenten in die Hände zu spielen. Besonders dieser Spannungsbogen und die trotzdem extrem kurze Spielzeit (das erste Spiel dauerte mit Regelerklärung nur knapp 40 Minuten), machen Vae Victis für mich zu einem guten Einstiegsspiel, in einen Abend schwererer Spiele und für Spieler, die sich an komplexer Spiele wagen wollen, ohne den ganzen Abend nur an einem Spiel zu hängen.

Das Spiel ist, wie die römische Legion: Gut organisiert, ansehnlich ausgerüstet, schlagkräftig in Aktion und immer da, wo es spannend und gefährlich ist. Wer also ein paar Euros übrig hat, der möge sich dieses Spiel zu Gemüte und zu seinem Konto führen.


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Vea Vichys von Enrique Duenas Gonzalez
Erscheint bei 2Tomatoes
Für 3 bis 6 Spieler in ca. 40 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier 2Tomatoes)