Fledermaushaare und Wolfzitzen, eine Brise Koboldschuppen und Plastikmurmeln, dann alles miteinander verrühren und auf mittlerer Hitze 30 min köcheln lassen bis alles explodiert! Abkühlen lassen und für bis zu 6 Spieler servieren, fertig ist Potion Explosion!
In Potion Explosion sind die Spieler Schüler einer Zauberschule und nehmen gerade am Unterricht für Zaubertränke teil. Wer jetzt an Harry Potter denken muss, sollte auch wissen dass das Spiel viele Anspielungen auf das Franchise mitbringt. Ziel des Spiels ist es Siegespunkte zu sammeln, indem man, wer hätte es gedacht, Tränke braut. Diese Tränke liegen dem Spiel in Form von flachen Fläschchen aus Pappe bei. Jedes Pappfläschchen hat mindestens zwei verschiedenfarbige Abschnitte mit runden Einsparungen, in die, der Farbe entsprechend, Murmeln platziert werden können. Diese Murmeln stellen die verschiedenen Zutaten für die tränke dar.
Sind alle Aussparungen mit Murmeln besetzt, dann ist der Trank fertig. Punkte werden gutgeschrieben und der Trank kann getrunken werden oder landet in der Reserve. Wird ein Trank getrunken, löst er einen Effekt aus, und erlaubt es euch u.a. Murmeln der Gegner zu klauen, Murmeln farbunabhängig zu platzieren, oder mehr als eine Murmel aus dem Spender zu nehmen.
Und hier liegt auch das Herzstück von Potion Explosion, der Murmelspender und seine Funktion. Zu Spielbeginn wird dieser Spender, ein Kasten in Schubladenform mit fünf Murmelrutschen, beladen und auf jeder Rutsche entstehen so zufällig aneinander gereihte, bunte Murmelspalten. Jeder Spieler muss in seiner Runde eine Murmel aus einer beliebigen Spalte nehmen und bringt so unweigerlich die darüberliegenden Murmeln zum Nachrutschen. Knallen auf diese Weise Murmeln gleicher Farbe aneinander, darf sich der Spieler der diese sogenannte „Explosion“ ausgelöst hat auch diese nachgerutschten Murmeln nehmen, und wenn er so erneut eine Explosion triggert, gehören auch diese Murmeln ihm.
Das ganze kann so lange weitergehen bis die Rutsche leer ist.
Die Aufgenommenen Murmeln werden, wie oben erwähnt, auf den Tränken oder in der Reserve platziert, alle übrigen kommen zurück in den Spender und der nächste Spieler ist dran. Wer fünf verschiedene Tränke oder vier identische gebraut hat, darf sich ein Siegespunkte Token aus der Auslage nehmen. Sind irgendwann alle Tokens weg, endet das Spiel und der Spieler mit der Höchstpunktzahl gewinnt.
Das Facelift von 2018 und die Erweiterung „Die fünfte Zutat“
Wer einmal das Vergnügen hatte den Zug aus Colt Express aufzubauen, weiß wie mühselig und fummelig ein solches Unterfangen sein kann. Die Pappe will einfach nicht so wie man will. Wer den Murmelspender von Potion Explosion aber aufgebaut hat ist ein Kriegsheld. Dieses Pappmonster ist so anfällig für Schäden und scheint eine natürliche Abneigung gegen menschliche Hände zu haben. Die Kritiken der Fans bezüglich des Pappspenders wurden von Horrible Games jedoch erhört und so erscheint die zweite Edition von Potion Explosion mit einem fertigen Plastikspender. Dieser sieht nicht nur Schick aus, sonder kann auch mit Miniaturfarbe bemalt werden.
Aber nicht nur das, Horrible Games bringt ebenfalls ein Upgradepack in Form einer Erweiterung für alle Besitzer der ersten Edition. Diese beinhaltet den Plastikspender und eine Spielvariante um die Spielerzahl von 2-4 auf 2-6 zu erhöhen. Dafür kommen wunderschöne, grüne Murmeln mit einem Blatt im Inneren und zwei neue Zaubertränke hinzu. Bei dieser Spielvariante benutzt ihr zwei Murmelspender parallel.
Diese Murmelspender stellen zwei Schulklassen dar, und u. U. müsst ihr im Spielverlauf eure Klasse wechseln und dürft nur Murmeln aus einem der beiden Spender nehmen. So wird sichergestellt, dass genug Murmeln für alle Spieler vorhanden sind. Diese Erweiterung hat nur minimale Änderungen im Vergleich zum Grundspiel, und soll hauptsächlich mehr Spieler integrieren.
Natürlich ließ man diese Gelegenheit nicht ungenutzt und brachte ebenfalls die Erweiterung „The Fifth Ingredient“ bzw. „Die fünfte Zutat“ auf den Markt. Das Grundspiel beinhaltet nur vier Murmelfarben rot, blau, gelb und schwarz. Die Erweiterung bringt in Form von weißen Murmeln die fünfte. Außerdem gibt es vier neue Tränke und individuelle Spielerfähigkeiten. Spieler können nun beispielsweise Murmeln abschmeißen um Zusatzaktionen zu nutzen oder müssen in einer vorgegebenen Reihenfolge ihre Tränke brauen um so mächtige Zusatzeffekte auszulösen.
Desweitern liegt in der Tischmitte nun eine gemeinsame Reserveauslage aus der sich alle bedienen können, dies macht das Spiel nochmal interaktiver und konfliktfreudiger…
… aber auch um Welten komplexer. Sodass die Erweiterung, wenn sie mit allen Modulen gespielt wird, das Basisspiel schon fast wie ein Tutorial aussehen lässt.
Glücklicherweise ist diese aber modular, und so können die verschiedenen Elemente entweder nach und nach eingebaut werden bzw. ungewollte oder zu komplexe ganz weggelassen. So oder so ist die Erweiterung ein Muss, da sie den Wiederspielwert ungemein erhöht. Das nenne ich mal Engagement und Fanservice seitens Horrible Games!
Als ich Potion Explosion das erste Mal sah, dachte ich der Murmelspender samt Murmeln seien, wie bei so vielen Spielen, ein Gimmick um einem blassen Spiel Attraktivität zu verleihen. Was für ein Glück dass ich mich da geirrt habe! Potion Explosion ist eines der innovativsten und einzigartigsten Spiele der letzten 10 Jahre, das Komponenten, Thema und Spielprinzip so vereint wie kein anderes.
Jede Aktion ist schlüssig, und man führt diese nicht einfach aus indem man eine Karte spielt oder eine Figur bewegt, nein, man greift sich bunte Zutaten aus einem Schrank, man muss die Zauberfläschchen greifen und umdrehen um diese zu trinken, jeder Zaubertrank hat einen Namen und eine dazu passende Fähigkeit, man hat nicht irgendein Spielertableau vor sich ausliegen sondern einen Chemietisch mit Bunsenbrennern.
Dieses Spiel scheint von der ersten Idee bis zur letzten Komponente gründlich durchdacht worden zu sein. Vor allem bei einem 4 Spieler Spiel ist die Interaktion untereinander extrem hoch. Man hat immer einen Überblick, wer welche Murmeln sammelt und wofür, so kann man seinen Mitspielern oftmals in die Quere kommen oder diese umgehen.
Aber auch Potion Explosion ist nicht perfekt und leidet etwas unter dem „Alle gegen Einen“ Syndrom. So kann sich der Spieler, der die meisten Punkte hat, darauf einstellen, dass alle anderen seine Pläne durchkreuzen werden oder besser gesagt durchkreuzen müssen, um ihn so am Sieg zu hindern. Dies passiert bei einer ausgeglichenen Partie zum Glück aber nur selten.
Leider kann das Thema auch etwas leiden, vor allem dann, wenn die Spieler nicht bereit sind sich darauf einzulassen. Wer nur Siegespunkte, Murmeln und Aktionen statt Auszeichnungen, Zutaten und Zauber sehen will, wird vom Thema nichts mitkriegen und das Spiel zu einem reinen Rennspiel um Punkte machen. Wer sich jedoch auf das Thema einlässt und bereit ist etwas Rollenspiel mit einzubringen, der wird das Meiste aus Potion Explosion rausholen.
Wer Potion Explosion bereits besitzt und nicht den Wunsch verspürt mit 5 oder 6 Spielern zu spielen, sollte dennoch zur Erweiterung greifen, da diese das Spiel nochmal auf ein ganz anderes Level hebt. Wer schon immer mit 5 oder 6 Spielern spielen wollte, wird mit einem Schicken Murmelspender belohnt. Und wer Potion Explosion nicht besitzt sollte jetzt losgehen und dies ändern!
Für mich gehört Potion Explosion nicht nur zu den Highlights der letzten Jahre, sondern auf die Liste der essentiellen Spiele, die jeder Brettspieler haben sollte!
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Erschienen bei Horrible Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 40 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Horrible Games)