Endlich nähern wir uns unserem Ziel, dem Fuji. Stolz und Furcht erregend ragt der berühmte Vulkan-Berg vor uns auf und qualmt still und leise vor sich hin. Lady Livingston, welche die ganze Tour über fragt, wie weit es denn noch sei, steht nun mit offenem Mund da. Auch ihr wird bewusst, wir haben es endlich geschafft. Aber was ist das? Die Erde fängt an zu erzittern, erst leicht, doch dann immer stärker bis wir uns kaum noch auf den Beinen halten können. Es erschallt ein komisches Geräusch vom Fuji aus, alle Blicke gehen zum Berg und was wir sehen, könnte grausiger kaum sein. Der Qualm hat sich vervielfacht und etwas rotes, glühendes strömt aus der Bergspitze heraus... Lava... und sie kommt genau auf uns zu...
Für 2-4 Abenteurer ab 10 Jahren heißt es nun schnellstmöglich den Weg zurück ins Dorf zu finden und sich somit in Sicherheit zu bringen. Wir befinden uns im Setting des neuen Wolfgang Warsch Titels Fuji, dieses Mal erschienen im Blue-Label von Feuerland. Wolfgang Warsch scheint eine unerschöpfbare Quelle an Spielideen in sich zu tragen, denn das Tempo mit denen Spiele aus seiner Feder herauskommen ist wirklich unglaublich. Und das verrückte: sie sind alle gut... bisher. Ob Fuji sich da ebenfalls einreihen kann, werden wir nun sehen.
Bei Fuji handelt es sich mehr oder weniger um ein Würfelspiel bei dem der gute Herr Warsch seine Grundidee vom Kartenspiel "The Mind" adaptiert. Welche Grundidee? Kooperativ spielen ohne exakte Informationen preiszugeben und dieses Mal mit Würfelergebnissen statt Handkarten.
Jeder Spieler erhält zu Spielbeginn eine Charakterkarte (zufällig oder nicht ist den Spielern überlassen), welche man allerdings hat ist ziemlich egal, denn mehr als ein Bild und ein Namen enthält die Karte gar nicht, dafür gibt es dann nämlich noch eine zufällig gezogene Fähigkeitskarte. Hiervon gibt es insgesamt 6 Stück. Und diese Fähigkeitskarte gibt nun vor, wieviele Würfel der Spieler in seiner Farbe erhält, ob und wieviel Ausrüstungskarten der Spieler erhält und welche besondere Fähigkeit man besitzt. Ich gebe euch mal zwei Beispiel:
- der Sammler: erhält zu Beginn 6 Würfel in seiner Farbe und 1 Ausrüstungskarte. Seine Fähigkeit ist, dass wenn immer er auf einen Neuwurf verzichtet (dazu gleich mehr), der Spieler ein "Powerriegel" bekommt. Diese Powerriegel kann er dann später einsetzen um den Bewegungswert eines beliebigen Charakters zu erhöhen.
- der Kundschafter: erhält zu Beginn 5 Würfel in seiner Farbe und 2 Ausrüstungskarten. Seine Fähigkeit ist, dass er sich insgesamt sogar um vier Felder (normal wäre 3) bewegen darf.
Ich denke ihr seht in welche Richtung diese Fähigkeitskarten gehen.
Natürlich sollte man sich vor dem Spiel noch für ein Szenario entscheiden, hier stehen einem 7 zur Verfügung, wobei gerade zu Beginn angeraten sei, bei 1 anzufangen und bei Erfolg sich nach oben zu arbeiten. Des Weiteren entscheidet man sich noch für einen von vier Schwierigkeitsgraden. Die Schwierigkeitsgradkarte legen ich an die Ausdauertafel an, zeigt sie mir schließlich an, wieviel Ausdauer im Laufe des Spiels ich verlieren kann, aber dazu kommen wir gleich auch noch.
Auf Basis der Szenariokarte baue ich dann das Spielfeld auf und platzieren, die Vulkan-, Geröll-, Landschafts- und Dorfkarten sowie Vulkan- und Ausrüstungsplättchen entsprechend der Vorgabe und platzieren die Spielfiguren auf die vorgegebenen Startfelder. Ziel des Spiels ist es nun die Spielfiguren vom Startpunkt auf die Dorfkarten zu bringen. Schaffen wir das mit allen gewinnen wir gemeinsam das Spiel, stirbt auch nur einer aus unser Gruppe aufgrund von Lava oder Erschöpfung, ist das Spiel sofort verloren!
Bevor wir zum Ablauf einer Runde kommen, sollten wir vorab erklären, wie genau wir uns bewegen können. Uns gibt jede Landschafts- und Dorfkarte vor, welche Würfel jeweils gezählt werden. Sehen wir z.B. eine blaue Fläche und daneben eine Würfelseite mit 2, zählen wir alle Würfel (und nur die!) bei denen eine blaue Seite und die 2 oben liegen. Jeder Würfel hat die Seiten von 1 bis 6 und je zwei Seiten in einer Farbe (gelb, pink, blau). Nur der Spieler mit dem höchsten Wert im Vergleich zu seinen direkten Nachbarn, hätte die Erlaubnis sich auf diese Karte zu bewegen, aber auch nur dann, wenn er vorher geplant hat, sich auf diese Karten bewegen zu wollen. Klingt kompliziert? Ist es aber nicht.
Kommen wir zum Ablauf einer Spielrunde: eine Spielrunde besteht insgesamt aus sechs Phasen.
Phase 1: alle Spieler werfen ihre Würfel und verstecken das Ergebnis hinter ihrem Sichtschirm. Niemand sollte die Würfel der anderen Spielen sehen können!
Phase 2: Nun heißt es zusammen zu besprechen, wer welches Feld versucht zu erreichen. Wichtig dabei ist, auf jeden Fall keine exakten Zahlen und Werte zu nennen, sondern lediglich vage und andeutend seinen Wurf zu erklären, wie z.B. "Oh mann, ich hab aber viele hohe Zahlen" aber eben NICHT "Ich hab hier 3 Sechsen und 4 Würfel mit blauer Seite!". Ihr versteht schon und wer The Mind kennt, wird sich wohl gleich zurecht finden. Bei der Planung der Felder gibt es auch noch ein paar andere Dinge zu beachten: so dürfen Spieler die benachbart zueinander sitzen nicht das selbe Feld wählen. Des Weiteren kann man nur bis max. 3 Felder weit ziehen (orthogonal only!), es sei denn man ist der Kundschafter, dann geht auch bis zu vier Felder. Man darf auch auf seinem Feld stehen bleiben, wenn so gar nichts passt, sollte aber dennoch die Vorgaben des Feld ebenfalls erfüllen und gewinnen können, ansonsten verliert man die Ausdauer! In der Planungsphase dürft ihr euren Zielstein, welches ich auf die Karte lege, auf der ich landen möchte, immer wieder versetzen, bis ihr die Diskussion final abgeschlossen habt und zur nächsten Phase wechselt. Im Laufe der Diskussion dürft ihr auch Ausrüstungskarten verwenden, die z.B. Würfelergebnisse ändern können oder Würfel weiterzugeben.
Phase 3: Nun besteht die Möglichkeit die Würfel neu zu werfen und zwar hängt das davon ab, welchen Weg man zurücklegen möchte. Möchte ich z.B. 3 Felder gehen, darf ich keinen Neuwurf durchführen, möchte ich allerdings nur 1-2 Felder gehen, darf ich einen Neuwurf ausführen, dabei ist es mir überlassen, wieviel Würfel ich neu werfe.
Phase 4: Es gibt bestimmte Ausrüstungskarten, die speziell für Phase 4 gedacht sind, diese können nun gespielt werden. Es steht aber auch auf jeder Ausrüstungskarte, in welcher Phase diese gespielt werden kann.
Phase 5: Nun wird es spannend, denn jeder Spieler lüftet seinen Sichtschirm und wir prüfen für jedes Landschafts- oder Dorfkärtchen auf welches ein Spieler ziehen möchte, ob ihm dies gelingt und der Spieler mit dem höchsten Wert der genannten Würfel ist. Hat der Spieler den höchsten Wert, dann darf er seine Spielfigur auf das Feld setzen. Hat das Feld ein Ausrüstungsplättchen darf ich eine Ausrüstungskarte ziehen. Liegt dort ein Vulkanplättchen, dann bricht der Vulkan sofort aus! Denkt daran, dass man sich nur mit seinen direkten Nachbarn vergleicht! Ist der Wert niedriger oder gleich mit einem meiner Nachbarn, darf ich meine Figur leider nicht bewegen. Aber nicht nur die Bewegung wird damit geprüft, sondern auch die Auswirkung auf meine Ausdauer. Und zwar betrachtet man dabei den Abstand zwischen dem eigenen Wert mit dem größten Wert meiner Nachbarn. Hab ich z.B. Würfel mit Wert 10 und der höchste meiner Nachbarn hat 9, so beträgt der Abstand 1. Nun prüfe ich auf der Schwierigkeitskarte wieviel Ausdauer ich verliere wenn der Abstand 1 beträgt, bei der Level 2 Schwierigkeit z.B. würde ich nun 3 Ausdauer verlieren und bewege dementsprechend meinen Stein auf der Ausdauerleiste. Auf der Ausdauerleiste gibt es vier Felder mit Wunden, sobald ich diese erreiche oder überschreite, muss ich mir ein Wundenplättchen nehmen und auf meine Fähigkeitskarte legen. Mit jeder Wunde schränke ich meine Möglichkeiten in folgenden Runden ein (z.B. verlieren von Würfel, keine Neuwürfe mehr, etc.). Erreicht mein Marker das Ende der Ausdauerleiste stirbt mein Charakter und das Spiel endet sofort.
Phase 6: abschließend bricht nun der Vulkan aus und zwar immer ein Feld in jede orthogonale Richtung. Zu Beginn sind das nur die Geröllkarte, die quasi als Puffer dienen, aber je nach Plan, können es schnell 3-4 Plättchen sein, die sofort von Lava verschlungen werden. Steht eine Figur auf solch einem Feld, stirbt dieser und das Spiel ist verloren.
Es werden so viele Runden gespielt, bis ich mit allen Figuren die Dorfkarten erreicht habe oder halt eine Figur stirbt (sei es durch Lava oder Ausdauer).
Das Spiel ist eigentlich für mindestens 3 Spieler ausgelegt, das zeigt sich daran, dass in der Variante für zwei Spieler Würfel eines imaginären dritten Spielers geworfen werden. Hier bietet man zwei Varianten an, eine schnelle glückslastige und eine aufwändige und anspruchsvollere Variante. Ich lasse dies aber mal hier außen vor, denn am meisten Spaß macht das Spiel eh ab 3 Spieler. Wer es gern nachlesen möchte, kann dies natürlich in der Anleitung über die Feuerland-Homepage tun.
Ist der zu Anfang gezogene Vergleich mit The Mind nun gerecht oder eher nicht? Für mich stellt Fuji quasi eine Weiterentwicklung der Grundidee von The Mind dar. Kam The Mind sehr abstrakt und thematisch relativ generisch daher, so haben wir bei Fuji natürlich ein schönes Thema mit wunderschönen Zeichnungen, zumindest für meinen Geschmack. Aber wie auch schon The Mind wird wohl Fuji die Spielegemeinde spalten. Fakt ist schließlich: entweder ich mag diese Art von Kommunikationsspiel oder eben nicht. Klar, Fuji bietet deutlich mehr Möglichkeiten und Abwechslung, aber der wichtigste Bestandteil bleibt die Kommunikation.
Daher kann man das Spiel, wie auch schon The Mind, schnell kaputt machen, wenn Mitspieler dabei sind, die damit herzlich wenig anfangen können und sich nicht an die Kommunikationsregeln halten können/wollen. Fuji ist also, für meine Begriffe, ein Spiel welches nur für bestimmte Gruppen geeignet ist. Wenn man sich aber darauf einlassen kann, dann erwartet den Spieler hier wieder eine spannende Erfahrung mit seiner Gruppe, gespickt mit Glücksmomenten, aber auch taktische Elemente bei Verwendung von Hilfsmitteln und gemeinsamen Entscheidungen. Ich sehe auch kaum Probleme mit Downtime, denn man kann sich immer an Diskussionen beteiligen, auch falls der eigene Zug schnell geklärt ist. Evtl. habe ich ja eine Ausrüstungskarte die helfen kann oder bringe generell eine andere Sichtweise ein. Aber das ist dann wohl typbedingt.
Das Material, wie für Feuerland-Spiele typisch, ist hervorragend, da gibt es nichts zu meckern. Mir gefallen die Illustrationen ebenfalls sehr gut und bringen einen in Stimmung. Kleiner Wermutstropfen, gerade im Vergleich zum schnell gespielten The Mind, ist die doch recht lange Vorbereitungszeit, die man durch das legen des Spielplans hat.
Auch wenn mir das Spiel gut gefällt, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass gerade die ersten Partien meist zum Scheitern verurteilt sind und man erstmal eine hohe Frustrationsgrenze an den Tag legen sollte. Auch hier kann man Parallelen zu The Mind sehen. Selbst wenn man sich gefunden hat, sind die normalen Schwierigkeitslevel auch fordernd und ich denke man benötigt einige Partien, um alle durchgespielt zu haben, ob einen das gefällt oder nicht, muss man für sich entscheiden. Ich würde es auf jeden Fall in meinen Runden immer mal vorschlagen und wenn auch nur für 1-2 Partien, um dann noch was anderes zu spielen.
Fans von The Mind sollten auf jeden Fall einen Blick riskieren, auch wenn hier keine Karten vorkommen, sondern Würfel. Skeptiker sollten überlegen, inwiefern die eigene Spielgruppe dafür geeignet ist oder nicht. Probe spielen geht aber immer, um zu merken, ob einem solch ein Spiel gefällt oder nicht. Chapeau, Herr Warsch, wieder ein schönes Spiel. Wann kommt der Einbruch?!
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Für 2 bis 4 Spieler in ca. 30 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Feuerland)