Clans of Caledonia - Bester schottischer Whiskey in Brettspielform
“Seit Generationen lebt meine Familie in den Highlands. Wir haben Erz aus den Bergen gewonnen, Holz gehackt, neue Felder bestellt, die Schafe auf die Weiden getrieben und unsere Kühe gemolken. Der Dank war eine ordentliche Mahlzeit aus gutem Whiskey, frischem Brot und leckerem Highland-Käse. Das Leben war gut, bis die anderen kamen. Nun streiten wir um Land und Handel und den Zugang zu den neuen Häfen. Gott allein weiß, dass wir die eigentlichen Herren sein sollten.” sprach das Oberhaupt der Cunninghams, kaufte 3 Brote für 12 Gold und gewann ein abenteuerliches Spiel.
Lochs und weite Wiesen - Das Spielmaterial
Schotten sind geizig so sagt man. Doch trotz des Szenarios vom Schottland des 19. Jahrhunderts, während der Industrialisierung, ist Karma Games überhaupt nicht geizig gewesen. Clans of Caledonia hat eine große Vielfalt an Spielmaterialien, von denen keines unnütz oder überflüssig scheint. Ich würde jedem empfehlen, sämtliche Materialien zu benutzen, da diese die Übersicht extrem erleichtern.
Das fängt schon bei den Spieler-Tableaus und den dazugehörigen Figuren an. Jedes Tableau ist so gestaltet, dass alle Spielfiguren, die später benutzt werden können, ordentlich und sinnvoll abgestellt werden können. Die Sinnhaftigkeit offenbart sich spätestens am Ende der ersten Runde. Bei der Auswertung der Produktion zähle ich nicht lange auf dem Spielplan meine Betriebe und was diese mir einbringen. Ich schaue einfach auf mein Tableau und sehe sofort, wie viel Geld oder Waren ich erhalte. Auch die Kosten für den Bau und wohin ich etwas bauen kann, als auch meine möglichen Handelsaktionen, kann ich hier auf einen Blick erkennen.
Und die Figuren selbst sind auch gut gestaltet. Holzfiguren finde ich immer etwas kritisch. Sicherlich ist der haptische Aspekt eine schöne Sache. Aber selten ergibt es darüber hinaus Sinn, dass Holzfiguren genutzt werden. Das ist in Clans of Caledonia anders. Die Holzfiguren erhöhen hier nicht nur die Wertigkeit des Materials, sondern auch ein bisschen die Wertigkeit meines Handelns im Spiel. Es fühlt sich besser an, eine Kuh auf die Weide zu stellen, als einfach ein Plättchen darauf abzulegen. Außerdem erleichtert es auch etwas den Überblick auf dem Spielplan.
Übersichtlichkeit und angenehmes Design gehen auch bei den weiteren Spielmaterialien Hand in Hand. Wie etwa bei den Hafen-, Auftrags- oder Auswertungsplättchen. Man kann meistens auf einem Blick erkennen, wofür es am Ende der Runde Punkte gibt, welche Waren gerade besonders gefragt sind und welche Vorteile jeder Auftrag gibt. Die Symbole sind einfach und aussagekräftig und lassen sich im Fall der Belohnungen auch in den betreffenden Spielbereichen wiederfinden. Was nicht sofort erkennbar ist ist dann zwar im Regelwerk erklärt, aber auch mit Erklärung nicht immer von den Symbolen ableitbar. Hier bekommt das intuitive Design einen kleinen Knick zum Wohle des Spielspaßes. Trotzdem sind nicht alle Kompromisse optimal. Hier hätten ein oder zwei Symbole mehr gut getan.
Dem, trotz kleinerer Flüchtigkeiten, sehr übersichtlichem Design, widersprechen auch nicht, die sonst sprichwörtlich sturen schottischen Clans. Diese sind, wie die 4 Teile des Spielplans, sehr übersichtlich gestaltet.
Witzig, wenn auch unnütz, fand ich das kleine Bild des McDonald Clans. Dieses passte nicht mehr auf das Clan-Plättchen und größer machen ging aus spielerischer Sicht nicht. Und da Weglassen anscheinend keine Option war, hat man es einfach beigelegt. Ich muss zugeben, dass ich diesem Zusammenhang aber erst nach dem ersten Spiel begriffen habe. Ich dachte schon ich hätte eine Clan-Fähigkeit oder eine Regel nicht verstanden.
Ein Whiskey-Fass gegen 3 Hopfen - Das Spiel
Clans of Caledonia ist eine sehr vielschichtige Wirtschaftssimulation, mit einem hohen Wiederspielwert, in der wirklich jede Aktion weitreichende Folgen haben kann, sogar das Passen.
Schon beim Aufbau des Spiels kann sich der Fokus dieser Partie, im Gegensatz zur vorherigen oder folgenden, grundlegend verändern. Man beginnt mit dem Anlegen der 4 Spielplan-Teile im Uhrzeigersinn in der Reihenfolge A, B, C, D. Diese haben zwei bedruckte Seiten. Um die Balance im Spiel zu bewahren, müssen die Teile immer in dieser Reihenfolge aneinander liegen. Welche Seite man aber für welches Teil benutzt, ist dabei vollkommen egal.
An die jeweiligen Ecken des Spielplans kommen zufällig ausgewählte Hafen-Plättchen. Je nach Anzahl der Spieler helfen diese, den Spielplan größer oder kleiner zu machen. Anschließend werden 5 Auswertungsplättchen gezogen und offen an das Punkte-Tableau gelegt. Auf die abgebildeten Kisten werden offen Auftragsplättchen gelegt.
Die Clans werden nur halb zufällig zugeteilt. Nachdem die Spieler entschieden haben, wer das Spiel eröffnen darf, werden alle Clans zu einem Stapel gemischt und ein Clan mehr gezogen, als es Spieler gibt. Jedem Clan wird nun zufällig ein Startplättchen zugeordnet. Der Spieler, der zuletzt an der Reihe sein wird, darf nun zuerst einen Clan mit zugeordnetem Startplättchen auswählen. Der übrige Clan verlässt das Spiel.
An diesen Dingen wird schon deutlich, dass kaum eine Partie Clans of Caledonia wie die andere sein kann. So viele Möglichkeiten, so viele Dinge, die sich ändern können. So viele große und kleine Entscheidungen, die man schon vor dem Spielbeginn trifft. Da wird das Aufbauen schon fast zum Teil des Spiels.
Haben sich alle Spieler einen Clan und die Waren und das Geld von ihrem Startplättchen genommen, beginnt der erste Spieler damit einen seiner Arbeiter frei auf dem Spielplan zu platzieren. Zur Auswahl stehen Holzfäller, die nur in Wälder platziert werden können und Bergarbeiter, die nur auf Bergen platziert werden können. Natürlich können beide auch auf Mischfeldern platziert werden. Den Unterschied der Arbeiter erkennt man jedoch nicht an den Figuren sondern an ihrer Position auf dem Spieler-Tableau. Einen Holzfäller nehme ich von einer Waldfläche und einen Bergarbeiter nehme ich von einer Gebirgsfläche. Diese müssen jedoch, wie später im Spiel, bezahlt werden. Der Preis dafür setzt sich aus dem Preis der Figur und dem Preis des Geländefeldes zusammen. Haben alle Spieler im Uhrzeigersinn einen Arbeiter platziert, wird dieser Vorgang entgegen des Uhrzeigersinnes wiederholt.
Bereits hier ist es wichtig sich Gedanken über seine weitere Strategie zu machen. Denn im Spiel selber können weitere Arbeiter, Felder, Gebäude oder Weiden nur auf angrenzenden Feldern errichtet werden. Will ich also schnell viele Dinge errichten, sollte ich mich nach günstigem Bauland umschauen. Brauche ich einfach viele Weiden, sollte ich mich an den Grünflächen orientieren. Oder beeinflusst sogar mein Clan, wo ich am besten etwas platzieren sollte? Möglichkeiten gibt es viele und jede kann richtungsweisend für eine bestimmte Strategie sein.
So entsteht von Beginn an Spannung und Atmosphäre. Baue ich nahe an einem großen Loch und nutzt dies später aus oder bleibe ich meiner schottischen Seele treu und spare bei den Baukosten? Selten habe ich beim Aufbau so viel über meine Strategie nachgedacht oder schon so klar einen Plan entwickelt.
Ist das alles erledigt, beginnt die erste Runde. Während einer Runde dürfen die Spieler folgende Dinge tun:
a) Handeln: Man nimmt sich so viele eigene freie Händler, wie man von einer Ware handeln möchte und setzt diese auf dem Markt-Tableau alle entweder auf Kaufen oder Verkaufen bei einer Ware. Man bezahlt oder erhält den aktuellen Preis pro Ware und passt erst anschließend den Preis um die Anzahl der Händler an.
b) Expandieren: Man sucht sich ein freies benachbartes Feld aus und platziert dort entweder ein Gebäude oder eine Weide, wenn es ein Grünfläche ist oder ein Holzfäller oder Bergarbeiter, wenn es ein Wald oder Berg ist. Auch hier gibt es Mischfelder, auf denen man dann die freie Wahl hat. Anschließend bezahlt man den Preis für die eigene Figur und das freie Gelände. Hat man sich so neben ein Gebäude oder eine Weide eines anderen Spielers platziert kann man nun in der gleichen Aktion, mit freien Händlern, vergünstigt die dazugehörige Ware bis zu dreimal kaufen. So kann es sich schon mal lohnen eine Schafsweide neben der Destille meines Mitspielers zu bauen, um vergünstigt an Whiskey zu kommen. So hebt sich das Platzieren von Gebäuden deutlich von anderen Spielen ab und schafft eine gute Möglichkeit den teuren Marktpreis zu unterwandern.
c, d, e) die Technologie verbessern: Dafür zahlt man den angegebenen Preis der zu verbessernden Technologie und erhält entweder mehr Geld durch Holzfäller oder Bergarbeiter, bekommt einen weiteren freien Händler oder verbessert die Schifffahrt. Ist diese nämlich erhöht, kann man mehr Felder, als benachbart werten und erreicht die Häfen leichter. (Ich habe hier einfach die Aktionen “Händler anwerben”, “Schifffahrt verbessern” und “Technologie verbessern” zusammengezählt, weil diese im Prinzip gleich funktionieren.)
f) einen Auftrag erfüllen: Dafür gibt man einfach die gewünschten Waren in den Vorrat und erhält die Belohnung. Nur hier kann es vorkommen, dass von Fleisch gesprochen wird. Solche Aufträge verlangen dann vom Spieler eine Schafs- oder Rinderweide abzureißen und wieder in seinen Vorrat zu stellen. Die Belohnungen sind es aber meistens wert. Diese reichen von Importwaren, über Hopfen und Gold bis zu kostenlosen oder verbilligten Technologieverbesserungen. Erhält man Importwaren behält man den Auftrag und schiebt den Marker für diese Importware, auf der Punkteleiste um die Anzahl auf dem Auftrag voran. Schiebt man dadurch den Marker über ein markiertes Feld, erhält man 1 Pfund. Warum hat sich mir aber nicht wirklich erschlossen. Wahrscheinlich damit man das Schieben der Marker nicht vergisst. Wirklich relevant war der 1 Pfund aber nie.
g) einen Auftrag nehmen: Dies geht nur, wenn man selber eine leere Exportkiste hat. Hier ist es wichtig sich Gedanken zu machen und nicht einfach den lohnendsten Auftrag zu nehmen, denn man kann Aufträge nur erfüllen, nicht aber abwerfen oder anders loswerden. Außerdem werden Aufträge jede Runde um 15 Pfund teurer. Erhält man in der ersten Runde noch 5 Pfund, muss man in der letzten Runde schon 15 Pfund pro Auftrag bezahlen. Allein dadurch ändern sich jede Runde schon die Möglichkeiten und Herangehenweisen enorm, was einer eventuellen Eintönigkeit gut und an unerwarteter Stelle entgegen wirkt.
h) Passen: Wer passt, darf nicht nur diese Runde nichts mehr machen, sondern bestimmt auch mit dem Zeitpunkt an dem er passt, wann er in der nächsten Runde an der Reihe sein wird und wie viel Geld er dafür erhält. So wird man durch eine maue Runde nicht gleich abgeschlagen, da man mehr Geld und die Möglichkeit eher an lukrative Aufträge zu gelangen, als Ausgleich erhält.
Zusätzlich zu den Aktionen a) bis g) darf man auch immer den Effekt eines Hafens nutzen, den man mit seiner Schifffahrt aktuell erreichen kann. Diese Aktionen haben es wirklich in sich. Spannung und Strategie ist mit jeder einzelnen verbunden. Baue ich noch schnell diesen Betrieb, damit mein Gegenspieler sich hier nicht ansiedeln kann oder erfülle ich lieber einen Auftrag, damit ich mir schnell noch einen neuen Auftrag nehmen kann, solange ich mir das noch leisten kann? Oder sollte ich lieber passen, damit ich das Extra-Gold bekomme und von den neuen Aufträgen als Erster einen aussuchen darf?
Haben alle Spieler gepasst, wird produziert. Dafür schaut jeder Spieler auf sein Tableau und erhält erst Gold für seine Holzfäller und Bergarbeiter, dann Rohstoffe, für seine Kornfelder und Weiden und kann anschließend diese in seinen Betrieben gegen Waren, wie Käse, Brot und Whiskey tauschen. Ist das geschehen wird das aktuelle Auswertungsplättchen ausgewertet. Jeder Spieler erhält Punkte und schiebt dafür seinen Holzmarker auf der Punkteleiste voran.
Anschließend werden die Aufträge aufgefüllt und alles beginnt von vorne. Fünfmal wird das so gemacht, bevor das es zur Endauswertung kommt. Hier erhält man nicht nur 1 Siegpunkt pro Rohstoff und Hopfen oder 2 pro Ware (Whiskey, Brot und Käse) oder 10 Gold, die man besitzt, sonder auch für die Importwaren. Doch wie viele Punkte man dafür erhält, hängt davor, wie viele Importwaren von einem Typ gesammelt wurde. Die häufigste der drei Importwaren bringt nur 3 Punkte pro Ware, die mittlere 4 und die seltenste 5. Zudem erhält der Spieler mit den meisten per Schifffahrt verbundenen Siedlungen und den meisten Erfüllten Aufträgen ebenfalls Punkte, sowie die dahinter platzierten.
In Kombination ergeben vielschichtige Möglichkeiten Punkte zu generieren. Jede Entscheidung kann den aktuellen Punktestand massiv verändern. Baue ich die Destille noch über den Fluss, damit ich eine Gemeinde mehr habe oder spare ich mir das Geld, damit ich lieber noch eine zweite Bäckerei bauen kann, um noch mehr Getreide in Brot verwandeln zu können?
Stolz, wie ein Highlander! - Das Fazit
Clans of Caledonia ist ein schönes, komplexes, aber nicht kompliziertes Spiel. Es bietet viele tolle Entscheidungen, welche zu sehr unterschiedlichen Strategien führen. Der Kampf um den Sieg bleibt bis zum Schluss spannend und ein gesundes Maß an schottischem Feeling wird auch transportiert.
Dieses Spiel wird noch oft auf meinen Tisch kommen, bis man es dem guten Material ansehen wird, dass es gespielt wurde. An jeden da draußen, der gute Euro Games, mit tollen Möglichkeiten und viel strategischer Tiefe mag, greift zu sofort. An alle anderen richte ich die Bitte, es auszuprobieren. Es wird sich lohnen!
_________________________________________________________________________________
Erschienen bei Karma Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 120 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Karma Games)