Ein Mordfall im Hyde Park!! Sofort machen wir uns auf den Weg, den Fundort genauer zu inspizieren. Was weiß der Mann, der die Leichte entdeckt hat? Und gibt es evtl. Spuren zu finden, die uns dem Täter näher bringen?! Es gibt einiges zu tun und viel Zeit haben wir nicht...
Chronicles of Crime ist ein Krimi-Spiel, welches Brettspiel mit Smartphone-App und, wenn gewünscht, Virtual Reality verbindet. Klappt das wirklich? Und macht das am Ende tatsächlich Spaß? Wir werden es euch sagen und eins vorweg: keine Angst, diese Rezension bleibt spoilerfrei.
Das Spiel ist von Lucky Duck Games, in Deutschand über die Spieleschmiede bei Corax Games, für 1-4 Spieler ab 12 Jahren und ein Szenario dauert im Schnitt 60-90 Minuten. Enthalten sind 1 Tutorial und 5 Szenarien, es gibt also zunächst genug Stoff zu verarbeiten. Für Februar 2019 sind auch schon bereits zwei Erweiterungen angekündigt mit jeweils vier neuen Szenarien in komplett neuen Settings.
Wichtigster Bestandteil des Spiels ist die App, ohne die sich das Spiel nicht spielen lässt. Aber stört das nicht?! Wenn ich ein Brettspiel spielen möchte, will ich doch eigentlich kein Handy in der Hand halten oder? Genau diese Skepsis hatte ich zu Beginn auch und war mehr als gespannt, ob sich das ganze wirklich noch wie ein Brettspiel anfühlt.
Also viel Brettspiel ist tatsächlich nicht geblieben, es gibt ein Brett auf welchem wir Hinweise und Gegenstände sammeln können, sowie Verdächtige und Zeugen auslegen, mit denen wir sprechen können. Drum herum können wir dann noch verschiedene Ort platzieren, zu denen wir fahren können. Des weiteren gibt es 4 Experten, welche uns zur Verfügung stehen, da wir kooperativ spielen, ist bei einem 4-Personen-Spiel vorgesehen, dass jeder Spieler Kontakt zu einem der Experten aufnehmen kann und sich das passende Tableau bereit legt. Jede Karte (Hinweise, Gegenstände, Zeugen, etc.), jeder Ort und jeder Experte hat einen QR-Code. Mit Hilfe der App scanne ich diese ab und kann dann verschiedene Aktionen ausführen.
Beim abscannen von bestimmten Orten kann ich z.B. auswählen dass ich sie näher untersuchen möchte (z.B. den Tatort). Hierbei kann ich nun entscheiden, ob ich normal auf dem Display schaue oder mit Hilfe der Virtual Reality Brille (die ist im Spiel nicht enthalten und muss extra gekauft werden), welche man vor das Display schieben kann und so den Eindruck entsteht, man steht im Tatort. Das funktioniert auch tatsächlich sehr gut. Ohne Brille kann ich das Bild einfach schieben und etwas zoomen. Leider stehen mir immer nur 40 Sekunden Zeit zur Verfügung, um so viele Dinge, wie möglich zu entdecken und zu erkennen. Daher sollten die anderen Spieler, welche gerade nicht gucken, den Stapel mit den Hinweis-Karten parat haben. Auf diesen stehen häufig nur Oberbegriffe, die zu Dingen passen, welche man entdecken kann. Wenn z.B. ein alter Teddybär am Tatort liegt, sollte man die Karte mit dem Begriff "Spielzeug" raussuchen. Jetzt meint ihr vielleicht, dass man doch immer wieder den Tatort untersuchen kann und ganz in Ruhe die Dinge heraussucht, aber dem ist nicht 100% so, den jede Aktion, die ich durchführe kostet mich Zeit. So verschlingt die Tatortsuche 5 Minuten, einen Ort zu wechseln sogar 20 Minuten.
Das Problem ist, dass ab bestimmten Uhrzeiten, Dinge ausgelöst werden können, von denen ich vorher nichts weiß und somit meine Ermittlungen erschwert werden. Und am Ende eines Szenarios erhalten ich z.B. auch Sonderpunkte, je schneller wir den Fall lösen konnten.
Nachdem wir also erste Hinweise gefunden haben, können wir nun Zeugen oder Experten (Rechtsmediziner, IT-Spezialist, Kriminologe oder eine Wissenschaftlerin) zu diesen Dingen befragen. Wir scannen also zunächst die Person und danach den Hinweis/Gegenstand, und konfrontieren damit die Person und erhalten dann hoffentlich eine aussagekräftige Antwort. Aber auch hier: jede Frage kostet mich 5 Minuten, es will also wohl überlegt sein, was ich wen und wie oft frage. Das Spielbrett hilft uns dann dabei, die richtigen Verknüpfungen darzustellen und zusammen bespricht man das weitere Vorgehen. Sollten wir vielleicht zur Wohnung des Opfers fahren oder zurück ins Revier mit unserem Chef sprechen oder oder oder... ?!
Aber es funktioniert imner so, dass ich Dinge/Personen/Orte scanne. Ich starte eine Konversation, (Person scannen), ich befrage sie zu einem Hinweise (scanne den Hinweis), ich befrage sie zu einem Verdächtigen (scanne den Verdächtigen), usw. Das mag zunächst etwas dröge klingen, aber ist es nicht! Die App spielt eine stimmige Hintergrundmusik, und mehr und mehr vertieft man sich in die Geschichte, entdeckt Zusammenhänge. Ärgert sich über Sackgassen, in die man geraten ist und die wertvolle Zeit gekostet haben. Und welch eine Genugtuung wenn eine Überlegung wirklich zum Erfolg führt.
Wenn ich der Meinung bin, dass ich den Fall nun komplett lösen kann, begeben wir uns zurück zum Revier und teilen unserem Chef mit, dass wir nun Fall gelöst haben. Dann werden uns Fragen gestellt, welche wir mit Hilfe der Scans der jeweiligen Dinge und Personen beantworten. Je nachdem ob es richtig oder falsch ist, erhalten wir dann eine Rückmeldung, ob wir richtig lagen oder eben nicht (die richtige Antwort wird dabei aber nicht verraten).
Die Einbindung des Smartphones ist wirklich vorbildlich und funktioniert hier wir interaktive Karten, die aufgedeckt werden. Man scannt und liest vor, was erscheint und überlegt dann zusammen, wie man weiter vorgeht und klar ist dann auch, dass trotz des Smartphones die Kommunikation im Vordergrund steht. Schnell legt man das Gerät beiseite und bespricht zusammen auf dem Spielbrett, welche Verknüpfung man sieht und zusammen überlegt man sich, wen man nun befragen sollte oder an welchen Ort es geht. Auch beim Erkunden der Orte klappt das gut, einer guckt und die anderen Suchen die passenden Karten heraus und man kann sich schon die Zeit nehmen, dass jeder mal schaut und vielleicht ja etwas neues entdeckt.
Chronicles of Crime zieht einen in den Bann und man will erst aufhören, wenn dieser Fall gelöst ist, auch bei Misserfolgen überlegt man sofort, wo evtl. der falschen Schluss gezogen wurde, wo habe ich vergessen nachzufragen, habe ich evtl. am Tatort etwas übersehen etc. Hinzukommt die wirklich gelungene, grafische Umsetzung, sei es in der App oder des Materials selbst. Lucky Duck beweist einmal mehr ihr Können in diesen Bereich. Corax hat für eine tolle, deutsche Übersetzung gesorgt, die ebenfalls keine Wünsche offen lässt. Die VR-Brille ist ein nettes Gimmick, es geht aber auch ohne sie. Ich bin aber der Meinung, man sollte sie dazu nehmen, das rundet das Gesamtpaket ab.
Klar ist aber auch, wenn man kein Fan von Rätsel-, Krimi- oder Escape-Spielen ist, dann wird einem auch Chronicles of Crime nicht gefallen. Dieses Genre ist ja generell schon etwas weiter weg von den klassischen Brettspielen, dessen muss man sich bewusst sein. Für Fans dieses Genres ist es in meinen Augen allerdings ein Muss! Die Herangehensweise ist erfrischend und zieht einen in den Bann. Streckenweise ist man einfach Ermittler und nicht Spieler! Auch Solo lässt sich das Spiel gut spielen, aber zusammen mit anderen macht es doch deutlich mehr Spaß. Mit den 5 Szenarien ist man auch erstmal gut beschäftigt und neues befindet sich ja schon in der Mache. Toll find ich dabei auch, dass die Erweiterungen gänzlich unterschiedliche Wege gehen, so gibt es mit "Noir" den klassischen 20er Jahre Krimi und mit "Willkommen in Redview" eher die 80er Stranger Things Welt. Tolle Abwechslung! Es könnte also ein wildes Portfolio wie bei TIME Stories geben, Fans dieser Reihe könnten übrigens auch Gefallen an Chronicles of Crime finden.
Auch Neulinge im Krimi-Genre sollten einen Blick riskieren, die werden es zunächst evtl. etwas schwerer haben, aber dennoch wäre Chronicles of Crime auf jeden Fall ein gelungener Einblick in diese Welt. Für mich gibt es den Daumen nach oben und nun her mit der VR-Brille, ich muss den Tatort nochmal prüfen...
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Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Corax Games)