Der Weltraum, unendliche Weiten. Die letzte Grenze, die die Menschheit erreichen. Eine Unzahl popkultureller Werke haben sich dem Faszinosum „Weltraum“ verschrieben und den Entdeckerdang vieler Menschen beflügelt. Wer in der Folge kein Astronaut wurde, kann mit Serien, Filmen und vor allem Spielen seine Pionier-Ambitionen verwirklichen. Alien Artifacts möchte dieses Gefühl in Brettspielform vermitteln und macht dabei manchmal einen guten und manchmal einen enttäuschenden Eindruck.
Das Sci-Fi-Kartenspiel lässt zwei bis fünf Spieler in die Rollen von Fraktionen schlüpfen, die ihren Einfluss im All ausbauen möchten, um am Ende mit den meisten Siegpunkten dazustehen. Dazu werden Schiffe gebaut, Technologien erforscht und Planeten erkundet, um die nötigen Ressourcen zu besitzen, mit denen man sich den aggressiven Aliens stellen und deren wertvolle Artefakte erbeuten kann.
Was sich nach einem spielerischen Schwergewicht anhört, ist aber ein recht flottes Resource-Management-Spiel (vor allem zu zweit), das schnell erklärt ist, sobald man die ein oder andere zu abstrakte Regel verinnerlicht hat. Der Spieler am Zug darf genau eine von etwa elf Aktionen ausführen (je nach Spielverlauf sind es mal mehr, mal weniger). So kann er etwa Geld ausgeben, um neue Planeten-, Technologie- und Schiffskarten zu erhalten, um diese in einem späteren Zug mit einer Bauaktion (und den nötigen Ressourcen) zu bauen und damit zu aktivieren.
Die Ressourcenkarten sind das Kernstück des Spiels. Jeder Spieler hat drei davon auf der Hand und werden von ihm zum Bezahlen von verschiedenen Aktionen gebraucht. Am Ende der Runde dürfen Karten abgelegt werden, bevor man wieder auf drei Handkarten aufzieht. Sobald der Nachziehstapel aufgebraucht ist, ist eine Spielrunde abgeschlossen. Ist dies in einer 2-Spieler-Partie zweimal der Fall gewesen, ist das Spiel vorbei und es kommt zur Schlusswertung.
Bis es soweit ist, muss euer Imperium aber weiter ausgebaut werden: Neue Schiffe, Technologien und Planeten ermöglichen euch die Nutzung eines neuen dauerhaften Effekts auf der sogenannten Logistik-Seite eurer Karte. Alternativ könnt ihr eine Karte nach dem Bau auch auf die Operativ-Seite drehen: Schiffskarten erlauben euch dann, andere Spieler oder Alien-Welten anzugreifen. Technologiekarten geben euch so neue Möglichkeiten um sofort und am Ende des Spiels Siegpunkte zu ergattern, wenn ihr die abgedruckten Bedingungen erfüllen könnt. Planetenkarten generieren auf diese Weise weitere Ressourcenkarten, die euch zusätzlich zu denen auf eurer Hand zur Verfügung stehen.
Viele Ressourcenkarten allein helfen euch aber nicht viel, denn eine der wichtigsten Regeln im Spiel besagt, dass ihr (grundsätzlich) nie mehr als zwei Karten in einer Aktion nutzen dürft. Je größer euer Imperium wird, desto teurer wird auch die Anschaffung neuer Technologien, Schiffe und Planeten, weil auf den Karten maximal drei Ressourcensymbole derselben Art abgebildet sind. Ständig muss also abgewogen werden, ob ihr neu gebaute Karten für ihren dauerhaften Bonus nutzt, der vielleicht den weiteren Bau von Karten vergünstigt, oder für Siegpunkte, Ressourcen oder zum Angriff nutzen wollt.
Wo wir bei den namensgebenden Alien-Artefakten wären. Schickt man seine Flotte auf einen Angriff bestimmt eine vom Stapel gezogene Ressourcenkarte euren Kampfwert, der durch die Schiffe in eurer Flotte modifiziert werden kann. Diesen Wert vergleicht ihr mit der Tabelle der gerade aufgedeckten Alien-Welt und erhaltet entsprechende Belohnungen oder Verluste. Mit Glück dürft ihr ein Alien-Artefakt ziehen, dass euch einen kurzzeitigen mächtigen Bonus verleiht.
Die Hatz nach diesen Artefakten macht mehr Spaß als das Angreifen anderer Spieler, denen man so die Effekte ihrer Karten sperren und maximal einen Siegpunkt wegnehmen kann. Sollte der angegriffene Spieler dann aber noch eine gute Verteidigungskarte auf der Hand haben, fallen die Folgen eines Angriffs weniger stark aus und können dem Angreifer im schlimmsten Fall sogar herbe Verluste einfahren.
Daher verzichtet man gern auf diesen Vorgang und damit auch auf das einzige interaktive Element des Spiels. Denn abgesehen davon werkelt jeder still und heimlich an seinem Imperium, um am Ende die meisten Punkte zu ergattern. Das ist an sich nichts Schlechtes, gerade weil Alien Artifacts durch das Fehlen eines Spielbretts gar nicht möchte, dass sich Spieler „räumlich“ in die Enge getrieben fühlen sollen.
Jeder kann sich frei entfalten und hat eigentlich nur ein Feindbild: die völlig substanzlosen Alien-Welten, die es anzugreifen und auszubeuten gilt. Da hier ein ausreichend umfangreicher narrativer Unterbau fehlt, fühlt man sich moralisch nicht allzu überlegen, wenn man diese Welten angreift. Das dämpft den Spielspaß deutlich. Das ist deshalb ganz besonders schade, weil die Autoren immerhin ein Auge darauf hatten, die Fraktionstableaus mit männlichen und weiblichen Vertretern zu versehen. Wieso dann die bedingungslose Expansion und Exploitation derart unkommentiert und kontextlos Kernaspekt des Spiels werden konnte, bleibt schleierhaft.
Dennoch ist Alien Artifacts ein flottes, gutes Kartenspiel mit einer eigenwilligen, aber stimmigen Visualisierung, das aber nicht mit Genre-Platzhirschen wie Race for the Galaxy mithalten kann.
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Für 2 bis 5 Spieler in ca. 60 Minuten
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Portal Games)