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19.01.2018

Pericles: The Peleponnesian Wars


In Pericles begeben wir uns in die Zeit der Peloponnesischen Kriege zwischen Sparta und Athen um 431 v. Chr. bis 404 v. Chr.. Gespielt wird mit 1-4 Spielern mit einer Spieldauer, die der Verlag großzügig mit 45 bis 360 Minuten angibt. Vorweggenommen: Um das volle Spielgefühl dieses Schwergewichts zu erleben, sollten aber unbedingt vier Spieler am Tisch sitzen und mindestens drei Stunden eingeplant werden. Bots (die in kleineren Spielrunden zwingende Voraussetzungen sind) bieten zwar eine Möglichkeit, ersetzen aber wie üblich keinen echten Spieler. Gleiches gilt auch für die kurzen mitgelieferten Kriegsszenarien, die ich einzelne Jahre der Kriege herauspicken und nur wenige Stunden dauern. Das hilft zum Verstehen der Abläufe von Pericles, aber auch nicht mehr.


Bevor ich weitermache, muss ich noch eins loswerden: Ich muss meinen Text zu Pericles anders angehen, als die üblichen Texte. Pericles ist einfach zu mächtig. Es ist fast nicht vorstellbar das Spiel hier in seiner Gänze vorzustellen, noch kann ich behaupten, dass ich Pericles auch nur annähernd so gut verstehen würde bzw. mich dort auszukennen, als dass ich hier eine unumstößliche Rezension bringen könnte. Pericles ist groß, komplex und fordert eine feste Gruppe von vier Spielern, die bereit ist, sich über mehrere Partien einzuarbeiten, sich anhand von kürzeren Szenarien die Grundabläufe anzueignen und dann in größeren Partien auszutesten. Habt Ihr diese Gruppe nicht, dann ist Pericles vermutlich nichts für Euch. Aber schaut doch mal bei seinem „kleinen Bruder“ Churchill vorbei, wenn Euch der nachfolgend in Auszügen dargestellte Spielablauf interessiert.


In Pericles übernehmen je zwei Spieler die Führung einer politischen Partie von entweder Sparta oder Athen. Ziel ist es auf der Siegerseite des Krieges zwischen Sparta und Athen zu sein und dann auf der Siegerseite gegenüber seinem Teamspieler die bessere Figur abzugeben - sprich mehr Ruhm angehäuft zu haben.
Grundsätzlich kann man Pericles als eine Art Sandkasten-Wargame bezeichnen, was sich grob in zwei Spiele aufteilt, die unabhängig voneinander abgehandelt werden und dennoch aufeinander wirken. Alles ist möglich und viele Wege führen nach Rom - bzw. Athen.

Da wäre zum einen der Diplomatiepart, in welchem zunächst die jeweiligen politischen Parteien von Sparta und Athen untereinander um die Vorherrschaft ringen. Mit Hilfe von politischer Einflussnahme versuche ich sogenannte Schwerpunktthemen für mich zu beanspruchen. Da meine politische Macht aber aller Voraussicht nach nicht für alles reicht, muss ich klug wählen. Ist dies auf beiden Seiten abgehandelt worden, kommen wir zum zweiten großen Part: Dem Krieg. Hier geht es nun daran die im ersten Teil von Pericles erworbenen Schwerpunktthemen in der Praxis umzusetzen. Mein eben noch politischer Gegner, wird jetzt zum militärischen Verbündeten, denn nun heißt es: Sparta gegen Athen.


Die Kriegskarte ist dabei in verschiedene Regionen aufgeteilt, welche mal mehr und mal weniger stark frequentiert sind. In Grundzügen gibt es dort See- und Landeinheiten zu sehen, wobei historisch betrachtet Athen besser zu Wasser und Sparte besser zu Land ist. Hier werden nun die erworbenen Schwerpunktthemen platziert. Interessant ist dabei der Mechanismus, den wir zum Beispiel aus dem Starcraft-Brettspiel oder aus Forbidden Stars kennen. Themen werden also zunächst verdeckt auf eine Region gelegt und können von der gegnerischen Partei überlegt werden. Zuerst gelegte Order werden also als letztes abgehandelt. Es entsteht ein Vermuten, was nun der jeweilige Spieler gelegt haben könnte. Greift er an, bringt er die diplomatischen Beziehungen zum glühen? Dann wird abgehandelt. Es gibt zahlreiche Schwerpunktthemen und damit verbundene Aktionen. Natürlich Kampfaktionen (welche anhand einer Tabelle und einer Kampfkarte abgehandelt werden), diplomatische Aktionen, bis hin zum Organisieren von Sportveranstaltungen zum Gewinn von Ruhm und Ehre.


Grundsätzlich gilt: Pericles ist offen - und das zu jeder Zeit. Es liegt an den Spielern selbst die Geschichte zu schreiben, ob und wann welche Kriege geführt werden oder welche Verhandlungen geführt werden und welche erfolglos abgebrochen werden müssen. Offene Diskussion zwischen den Teampartnern aber auch den Gegnern ist an der Tagesordnung und sollte auch so gemocht werden. 

In Pericles muss ich mich einarbeiten. Die Mechanismen und Grundregeln sind dabei für Wargameverhältnisse überschaubar. Vielmehr steckt der Teufel im Detail. Dadurch, dass Pericles eine so große Freiheit bietet, wie die Spieler den Krieg gestalten, schafft Pericles zugleich eine riesige Hürde. Ich weiß zu Beginn einfach nicht, warum ich mich für jenes oder solches einsetzen sollte. Welcher Themenschwerpunkt ist wann von Belang? Wie kann ich ihn in der derzeitigen Situation gewinnbringend einsetzen? All diese Fragen werden erst nach zahlreichen Partien beantwortet und sind nur anhand eines Regelstudiums nicht zu beantworten, wenngleich das standardmäßig mitgelieferte Playbook wieder hervorragende Arbeit macht und eine Spielsituation mitsamt der Gedanken der einzelnen Spieler aufdröselt.
Aber habe ich die Lust und Zeit mich in Pericles einzuarbeiten? Und viel wichtiger: Habe ich drei weitere Spieler, die die selbe Zeit und Lust mitbringen? Kann ich diese Fragen mit Ja beantworten, bin ich mir sicher, dass Pericles ein tolles Spiel für diese Gruppe sein kann. Durch die viele Freiheit, die das Spiel gibt, kann ich tolle Momente erleben und mich selbst wie ein Kommandeur fühlen.


Ich selbst, muss zugeben, dass für mich persönlich Pericles eine ganze Latte zu hoch angesetzt ist. Ich schätze die Freiheit hier sehr. Doch manchmal habe ich mit etwas mehr gewünscht, dass mich das Spiel an die Hand nimmt und sagt „hier gehts lang“. Ich hätte mir öfter gewünscht, dass Zusammenhänge klarer gewesen wären und dass ein Verständnis nicht erst nach unzähligen Spielstunden einsetzt. Sind wir ehrlich: Die Konkurrenz ist groß auf dem Brettspielmarkt. Wir sind heute in der glücklichen Lage, dass wir in einer Blütezeit der Brettspiele leben. Da muss ich mir die Frage stellen, ob Pericles es wert ist. Angenommen, ich investiere unzählige Spielstunden darin es zu meistern. Ist die - sicherlich ohne Frage ausgesprochen befriedigende - Erfahrung es wert, die ebenfalls leichter zugänglichen Erfahrungen anderer Spiele dafür zu opfern bzw. für diese weniger Zeit aufzubringen?

Pericles ist sicherlich ein Meisterstück. Das mit Churchill begonnene System wurde hier weiter optimiert und ausgestaltet. Doch man muss Zeit mitbringen. Viel Zeit.


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Pericles: The Peleponnesian Wars von Mark Herman
Erschienen bei GMT
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 45-360 Minuten


sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier GMT)