Man war ich gespannt. Die Dead of Winter Lizenz trifft Flick ´em up! Schon auf der Messe 2016 wurde ich von einem der Pretzel Games Mitarbeiter geteasert mit dem tollen Boxcover. Nun ist es endlich da und ich hatte genügend Zeit das Spiel auf Herz und Nieren zu testen.
Flick ´em up! ist ein erfolgreiches Schnippspiel im Westernsetting und verlief stets voll kompetitiv. Was den Hauptreiz des Spiels stets ausmachte, waren die umwerfenden 3D-Komponenten, mit welchen man eine ganze Westernstadt simulierte. Vom Saloon, über die Bank bis hin zu Pferden, Cowboys und einem Sonnenuntergang. Dead of Winter ist ein Zombieapokalypsenspiel mit Verrätermechanismus und einzigartigem Storyelement. Was passiert denn nun, wenn beide Spiele ein Baby bekommen? Welche Brettspielgene setzen sich durch?
Flick ´em up!: Dead of Winter bleibt hauptsächlich ein Flick ´em up!, also ein Schnippspiel. Auch hier gibt es allerlei 3D-Elemente, die einen enormen Aufforderungscharakter haben. Ist ein Szenario erstmal aufgebaut, sieht das einfach toll aus und man wird unweigerlich dazu motiviert zahlreiche Fotos mit dem Smartphone zu machen. Settingstechnisch haben wir alles, was zu einer guten Zombieapokalypse dazugehört: Verlassene Gebäude, leere Autos, einen Camper oder aber auch einen Eiscremetruck. Der Eyecatcher ist aber der sogenannte Zombieturm, der nicht nur optisch die Blicke auf sich zieht, sondern auch einen ganz innovativen und spielbeherrschenden Mechanismus mit sich bringt. Später dazu aber mehr.
Der Hauptunterschied von Flick ´em up!: Dead of Winter zu seinem Vorgängertitel ist zuallererst einmal, dass es sich nicht mehr kompetitiv, sondern meisten voll kooperativ spielt. Spieler, die die Vorgänger aufgrund des Konkurrenzaspektes gemieden haben, könnten also bei Flick ´em up!: Dead of Winter zugreifen. Es gibt jedoch auch Teamszenarios.
Szenarios. Damit fängt alles an. Denn wir wählen im Grundspiel (ich tippe hier ganz einfach mal darauf, dass Erweiterungen folgen werden) zwischen 10 mitgelieferten Szenarien, welche sich in ihrer Komplexität steigern und nach und nach neue Spielregeln und Komponenten einführen. Man kann das Ganze also tutorialmäßig angehen - muss man aber nicht. Die Gesamtregeln sind nämlich nicht völlig komplex. Es bleibt ein Schnippspiel. Schön aber, dass es diese Option gibt.
Je nach Szenario versuchen wir meistens kooperativ Zombies zu erledigen. Dabei kommt der Geschicklichkeitsaspekt zum tragen. Gelaufen wird per Geschnippe. Geschossen wird per Geschnippe. Geschlagen wird.... per Geschnippe. Dabei ersetze ich meinen Charaktermeeple (der im übrigen echt schick aussieht) durch eine Disk und schnippe diese. Dort wo sie landet, stehe ich nun. Will ich nun beispielsweise meine Schusswaffe nutzen und einen Zombie erledigen, lege ich die entsprechende Waffendisk neben meinen Meeple und schnippe in Richtung des Zombies. Fällt dieser um, ist er vorerst tot und kommt vom Feld. Schaffe ich es nicht, habe ich meine Aktion verschwendet, was bei einer Gesamtaktionszahl von 2 pro Runde pro Charakter schon einen Bärenanteil ausmacht. Wie bei seinen Vorgängern kann ich mir also auch bei Flick ´em up!: Dead of Winter so manchen Zug ganz schön versauen, wenn ich schlecht schnippe. Gleichfalls kann ich aber auch durch geschicktes Agieren für so manches High-Five am Tisch sorgen. Das ist nunmal das Herz einen jeden Schnippspiels. Mag ich so etwas nicht, bin ich hier falsch.
Wie es schlussendlich auch ausgeht, folgt eine Reaktion der Zombies - und zwar mit dem bereits angesprochenen Zombieturm. Zunächst einmal ist es relevant, ob ich leise Aktionen ausgeführt habe (laufen, schlagen) oder ob ich laut war (schießen). Je nachdem bewegt sich einer oder gleich mehrere Zombies auf mich zu. Diese aktivierten Zombies werden in Flick ´em up!: Dead of Winter dann auf den Zombieturm gestellt und fallen dann nach einem Auslösen, wie bei einem Würfelturm unkontrolliert nach unten. Alles was sie dabei mitreißen, bleibt am Boden. Treffen sie dabei einen von uns, verliert der einen Lebenspunkt und kann unter Umständen auch aus dem Spiel ausscheiden. Diese Zombiebewegung sieht nicht nur cool aus, sondern simuliert auch ziemlich cool das unkontrollierte Vorstürmen der Zombies auf ihre Gegner. Sie sind halt nicht die Hellsten! Hut ab für diese Idee. Gefällt mir gut.
Wie kommt jetzt noch (abseits vom Thema) ein Dead of Winter Element in Flick ´em up!: Dead of Winter rein? Gut dass Ihr fragt! Wie es sich dafür gehört, gibt es natürlich klassische Verräterszenarien, bei welchen sich plötzlich einzelne Charaktere gegen die Gruppe wenden können oder ganz individuelle Ziele haben können, die sie aus reinem Selbstnutzen erfüllen möchten. Das kann bei einem ohnehin sau schwerem Spiel nochmal die extra Portion Härte bedeuten.
Die individuellen Ziele haben mich nicht wirklich überzeugt. Das liegt in erster Linie aber daran, dass Flick ´em up!: Dead of Winter den Fokus des gesamten Spiels eher auf den Geschicklichkeitsaspekt legt, was bedeutet, dass ich auch stets vollends damit beschäftigt bin meine nächste Aktion zu planen und auf einen Kunstschuss zu hoffen. Allein das ist vollkommen ausfüllend und ehrlicherweise auch schwierig genug. Ein individuelles Ziel und das (durch den Mechanismus beabsichtigte) Misstrauen zwischen den Spielern kommt nicht wirklich auf.
Ein weiterer Aspekt aus dem Dead of Winter Universum in Flick ´em up!: Dead of Winter sind die Crossroadskarten, welche in diesem Spiel eher zufällig ins Spiel kommen, sobald ich in einem Gebäude einen entsprechenden Marker finde. So zufällig, wie sie ins Spiel kommen, so zufällig sind die Effekte der Karten auch. Was in Dead of Winter noch ein tragender Mechanismus war und nur so vor Story triefte, ist in Flick ´em up!: Dead of Winter nicht mehr als eine Ereigniskarte mit keinerlei Bezug zum aktiven Spieler oder dem aktuellen Spielgeschehen. Plötzlich tauchen Zombies auf, man verliert Lebenspunkte, Fässer werden in die Luft gesprengt etc. Witziger sind dann noch eher die Ereignisse, die einen direkten Bezug zum Spielmechanismus - dem Schnippen - haben. So zwingt ein gebrochener Arm den Spieler beispielsweise fortan nur mit der schwächeren Hand zu schnippen etc.
Weitere Aspekte und sicherlich ein witzige Details in Flick ´em up!: Dead of Winter sind die unterschiedlichen Waffen. Wie bereits bei seinen Vorgängern gibt es hier auch wieder allerlei, die sich in unterschiedlichster Weise nutzen lassen. Als Beispiel sei hier einfach mal exemplarisch die Shotgun genannt, mit welcher man gleich durch eine bestimmte Schablone mehrere kleine Kügelchen auf die Zombies gleichzeitig abfeuern kann, oder aber die Rifle, welche durch ein spezielles Zielfernrohr besseres Zielen ermöglicht. Diese Elemente machen unter anderem den Spielablauf abwechslungsreich und spannend.
Wie gefällt mir Flick ´em up!: Dead of Winter denn nun zusammenfassend? Ich gehe mit gemischten Gefühlen in die Wertung. Zuerst muss vorweggeschickt werden, dass Flick ´em up!: Dead of Winter ein Schnippspiel ist. Wer Schnippspiele generell nicht mag, wird hier keinen Spaß haben. Im Bereich der Schnippspiele aber ist Flick ´em up!: Dead of Winter ein optisch fabelhaftes, materialtechnisch ausgezeichnetes und spielmechanisch teilweise sehr innovatives Spiel. ABER. Mir persönlich gefallen einige Aspekte des Spiels nicht und die betreffen eigentlich ausschließlich die Aspekte der Mischung auf Seiten der Dead of Winter Lizenz. Die Crossroadkarten sind beliebig und meiner Meinung nach überflüssig. Die individuellen Ziele und der Verrätermechanismus sind nett, aber wirken aufgesetzt. Generell wirkt es insgesamt auf mich so, als ob Flick ´em up!: Dead of Winter ohne die Dead of Winter Mechanismen - ausschließlich mit dem Zombiethema - besser da stünde als so. Gut ist an dieser Stelle, dass fast alle Mechanismen, aufgrund der diversen Szenarien, frei wählbar sind. Will ich keine individuellen Ziele und keinen Verräter dann spiele ich diese Szenarien nicht.
Was bleibt bei Flick ´em up!: Dead of Winter? Ich behalte es in der Sammlung als kooperative Variante zu Flick ´em up! Der Zombieturmmechanismus ist thematisch und mechanisch einwandfrei. Die unterschiedlichen Waffen sind reizvoll und laden zum ausprobieren ein und die Optik ist aller erste Sahne.
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Erschienen bei Pretzel Games
Für 2 bis 10 Spieler in ca. 45 Minuten