Abyss fällt zunächst mal durch das Cover auf. Mehr Mut zum Minimalen haben sich wohl da Verlag und Designer gedacht. Denn auf dem Cover steht noch nicht einmal der Titel des Spiels. Vielmehr schaut uns da eigentlich nur super grimmig ein Wasserwesen an. Das Ganze gibts auch noch in verschiedenen Farbkombinationen mit unterschiedlichen Monstern. Das ist innovativ und sorgt für einen Hingucker.
Spielerisch ist Abyss vom Grundablauf genau so simpel wie sein Cover gehalten. Grundsätzlich versuche ich im Unterwasserkönigreich durch das Anwerben von loyalen Wasserbewohnern und den sinnvollen Einsatz von Perlen meine Siegpunkte zu mehren. Dass sich der eigene Zug auf die Umsetzung von lediglich drei unterschiedlichen Aktionen beschränkt, sorgt einerseits für ein schnelles Regelverständnis, andererseits aber auch für einen angenehm schnellen Rundenablauf. Selten bleibt Zeit vor lauter Langeweile die nach oben steigenden Blubberbläschen zu zählen.
Währungstechnisch werden wir in Abyss standesgemäß mit Perlen ausgestattet, welche dann wiederum ausgegeben werden um Karten aus einer Auslage zu ergattern, und welche wiederum für das Anwerben von Gefolgsleuten gebraucht werden. Diese bringen schlussendlich wichtige Siegpunkte, Spezialfähigkeiten oder besetzen neue Orte.
Interaktion wird in Abyss in erster Linie durch die Kartenauslage gesteuert. Was zuerst nach einem friedlichen Ergattern der beliebten Farbsetkarten aussieht, wird bei genauerem Hinschauen schnell zum Konfliktpotential Nummer 1. Will ich eine Karte kaufen, haben meine Mitstreiter nämlich die Möglichkeit sich diese vor mir gegen eine kleine finanzielle Entschädigung unter den eigenen Nagel zu reißen.
Punkte hingegen werden in erster Linie durch die anzuwerbenden Wasserweltbewohner gemacht. Während manche starke Sonderfähigkeiten verleihen, helfen andere dem eigenen Punktekonto in ganz andere Sphären.
In der Endauswertung kommt dann noch ein ganz eigener Mechanismus von Abyss zum Tragen, der das Spiel dann doch noch ein klein wenig komplexer werden lässt, als es bei der jetzigen Beschreibung zu sein scheint. Während ich nämlich munter meine Farbsets für das Anwerben der Gefolgsleute ausgebe, lege ich von diesen jeweils die niedrigste Karte bei Seite. Diese wiederum zählt bei der Endabrechnung noch einmal nach einer bestimmten Kombination zur Endpunktzahl hinzu. Und glaubt mir: Das klang komplizierter als es eigentlich ist.
Dass Abyss, trotz markantem Cover auf der Box, mehr oder weniger durchgehend unter der Wasseroberfläche durch den Radar geschwommen ist, verwundert mich nicht.
Bitte nicht falsch verstehen. Abyss ist ein prima Spiel, nur leider mit der falschen Aufmachung. Was stelle ich mir vor, wenn ich in meinem Lieblingsbrettspielladen auf Abyss stoße und mich von dort ein grimmiges, düsteres Meereswesen anstarrt? Richtig, ich erwarte ein klassisches Ameritrashspiel mit vielen Miniaturen, viel Konflikt, einer guten Brise Glück und epische Kämpfe.
Was erwartet mich jedoch bei Abyss? Es erwartet mich ein schickes, friedliches Sammelkartenspiel, mit indirektem Konflikt, was genauso auch thematisch auf einem Bauernhof angesiedelt sein könnte.
Abyss hat dadurch ein riesiges Problem. Es erfüllt nicht die Erwartungen bei einem Blindkauf. Spieler, die sich vom Cover und der Thematik angezogen fühlen, werden enttäuscht, da die Partie viel zu friedlich verläuft. Die Spieler, für die Abyss spielerisch gemacht ist, sehen aber lieber von einem Blindkauf ab, da das Cover und das Thema einfach nicht nach einem familientauglichen Eurospiel aussehen.
Denn das genau ist Abyss - ein familientaugliches Eurospiel mit schickem (wenn auch unpassendem) Artwork. Die Regeln sind fein aufeinander abgestimmt, die Züge schnell abgehandelt, die Mechanismen bauen gut aufeinander auf und nicht zuletzt wurde auch noch die richtige Dosis Konflikt eingebaut.
Ich habe jederzeit bei Abyss das Gefühl unterhalten zu sein. Permanent bin ich am Verfolgen der Züge meiner Mitspielern und muss abschätzen, ob ich denn nun die Karte wegkaufe oder eben nicht. Diese Art der ständigen Beteiligung ist nicht selbstverständlich und muss daher hier gezielt erwähnt werden.
Bleibt die Frage, ob Abyss seine Berechtigung in meiner Spielesammlung hat? Schwer. Ich möchte das Spiel gerne irgendwo zwischen gut und böse einordnen. Es macht spielerisch nichts falsch, aber überrascht auch nicht, um es als Schmuckstück anzusehen. Mir fällt es schwer Abyss auch noch nach Jahren auf meinem Spieltisch zu sehen. Es ist für mich mehr etwas für den Moment.
In einer geselligen Familienrunde jedoch hat es da schon mehr Chancen - nur eben vielleicht nicht beim Vielspieler.
Für 2-4 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek-Link
Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!
Ich habe jederzeit bei Abyss das Gefühl unterhalten zu sein. Permanent bin ich am Verfolgen der Züge meiner Mitspielern und muss abschätzen, ob ich denn nun die Karte wegkaufe oder eben nicht. Diese Art der ständigen Beteiligung ist nicht selbstverständlich und muss daher hier gezielt erwähnt werden.
Bleibt die Frage, ob Abyss seine Berechtigung in meiner Spielesammlung hat? Schwer. Ich möchte das Spiel gerne irgendwo zwischen gut und böse einordnen. Es macht spielerisch nichts falsch, aber überrascht auch nicht, um es als Schmuckstück anzusehen. Mir fällt es schwer Abyss auch noch nach Jahren auf meinem Spieltisch zu sehen. Es ist für mich mehr etwas für den Moment.
In einer geselligen Familienrunde jedoch hat es da schon mehr Chancen - nur eben vielleicht nicht beim Vielspieler.
Abyss von Bruno Cathala und Charles Chevallier
Erschienen bei AsmodeeFür 2-4 Spieler in ca. 60 Minuten
Boardgamegeek-Link
Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!
sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Asmodee)