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09.01.2014

Romolo o Remo? - Von Holzaquädukten und mehr

Bereits seit vielen Jahren beschäftigt uns die Brettspielbranche mit interessanten und vielfältigen Fragestellungen wie etwa: "Wieviel kostet ein Hotel auf der Schloßallee?" oder "Wer tauscht ein Schaf für ein Holz?". Nun aber geht es seit der letzten Spielemesse viel philosophischer zu. Der italienische Verlag Giochix stellt provokant die Frage "Romolo o Remo?". Grund genug sich das Spiel einmal genauer anzuschauen. Schließlich gab es ja für das erfolgreiche Spieleschmiedeprojekt bereits hier eine Vorschau zu lesen.

Die Vorfreude beim Öffnen der Box war groß. Bereits im Vorfeld warb der Verlag offensiv mit zahlreichen detaillierten Holzfiguren abseits der sonst üblichen Meeples und "Siedlerhäuschen". Umso größer funkelten dann schließlich auch meine Augen, als ich die Verpackung entfernt, und die Box geöffnet hatte. Mini-Holz-Aquädukte, Farmen, Tempel, Häfen, Söldner, Arbeiter, Entdecker, Foren, Bauernhöfe, Lagerhäuser, Sägewerke und und und. Bereits nach kurzer Zeit stand fest, dass das mitgelieferte Material auch bei komplettem Durchfallen des Spiels genug bieten würde, um in jedem Kinderzimmer für Freude zu sorgen.


Von der Euphorie gepackt, nahm ich kurzentschlossen die Anleitung zur Hand und blätterte drauf los. Selten habe ich meine Euphorie so schnell davonrennen sehen wie in diesem Augenblick. Romolo o Remo? schien sich als Regelmonster zu entpuppen. Bereits nach wenigen Seiten legte ich die Anleitung zurück in die Schachtel und packte diese erst einmal auf den Stapel der ungespielten Spiele. Und dort sollte sie ganze 4 Wochen liegen bleiben, so abschreckend wirkte die enorme Aktionsvielfalt, welche im Regelheft auf mich einprasselte.

Neuer Monat - neues Glück. Packung raus, Regelheft aufgeschlagen, losgelesen. Tapfer bis zum Ende immer mit der Hoffnung, dass die möglichen Aktionen auf einer Spielerhilfe aufgelistet seien - weit gefehlt! Die Spielerhilfe ist zwar dabei (zwar mehrsprachig aber jeweils nur in zweifacher Ausfertigung bei möglichen vier Spielern), beschreibt aber mit keinem Wort die möglichen Aktionen, sondern nur die unzähligen Gebäude und deren Spezialfunktionen. 
Gut, dass das Spiel eine Solovariante bietet. Die nutze ich immer gerne, wenn ich die Regeln vor dem Ernstfall einmal in der Praxis umsetzen möchte. Mit ganz viel Geduld und ganz viel Regelnachschlagen hatte ich dann aber nach einer Weile den Bogen raus, denke ich zumindest. Der ersten Mehrspielererfahrung sollte also nichts im Wege stehen.


Bald hieß es dann also knapp drei Stunden Aquädukte, Farmen, Mauern und Sägewerke bauen um möglichst viel Land zu kontrollieren und die eigene Wirtschaft in Schwung zu bringen. Kam ein anderer uns in die Quere wurde er ganz einfach per Feldzug in seine Schranken gewiesen. Ganz römisch eben. Berater wurden engagiert, die die eigene Taktik unterstrichen und neue Länder erkundet. Waren wurden erwirtschaftet und wieder verkauft. Söldner wurden angeheuert und nach getaner Arbeit wieder entlassen. Ganz wie Romolo o Remo? bei der Stadtgründung Roms haben wir uns alle gefühlt.

Romolo o Remo? leidet dennoch an ein paar Kinderkrankheiten. Der Start ins Spiel ist unnötig zäh und unspektakulär. Aufbaustrategie hin oder her. Klar ist es schön vom Bau der ersten Farm bis hin zur Metropole dabei zu sein, aber dann doch bitte mit Spannungskurve. Die ersten Minuten hätte man auch gut weglassen können, so waren wir uns in allen Runden dann doch immer schnell einig. Zu schwerlich werden die ersten Hölzer geschlagen, die ersten Fische gefangen und die ersten Steine geklopft. Erst nach einiger Zeit erlebt das Spiel dann seine Spannungsmomente, wo dann auch Taktiker voll auf ihre Kosten kommen. Sagen wir vorallem Taktiker! Denn Romolo o Remo? ist alles andere als leichte Eurokost und bietet viel Platz zum Optimieren. Ab dem Mittelteil des Spiels ergeben sich zahlreiche Optionen Siegpunkte zu erringen oder die eigene Wirtschaft zu entwickeln. Baue ich eine starke Infrastruktur auf und dominiere die Märkte? Oder errichte ich ein mächtiges Heer und erobere mir einfach meine Ländereien?

Romolo o Remo? kombiniert alle Elemente einer klassischen und nach Vollständigkeit strebenden Aufbausimulation: Infrastruktur, Krieg, Wirtschaft und Gebietskontrolle. Das Ganze ohne lästigen und komplizierten Technologiebaum. Die verschiedenen Elemente binden sich gut ins Gesamtbild ein, wobei das Ganze mit einigen witzigen Details aufgefrischt wird, wie etwa die sogenannte "Flussregel", nach welcher sich bei der Entdeckung Wasserfelder ausbreiten, oder aber auch die Reaktion der örtlichen Märkte auf das Handelsverhalten der Spieler.
Vieles wird bei Romolo o Remo? richtig gemacht. Durch die Vielzahl an Aktionsmöglichkeiten bleibt aber unnötiger Platz zum Optimieren, so dass eine Partie unter Umständen zäh werden kann. Hinzu kommt eine theoretische und bei bestimmten Spielkonstellationen gar nicht so unwahrscheinliche vorzeitige Spielereliminierung. Nicht, dass diese ohnehin bei Brettspielen mittlerweile bei vielen Spielern ein "No-Go" ist, sondern umso ärgerlicher dass das Spiel unter Umständen nach dieser Eliminierung noch gut zwei weitere Stündchen weitergehen kann. Vielleicht Zeit genug um für den Ausgeschiedenen mal die Sage von Romolus und Remus nachzulesen?

Für eine Simulation und ein Optimierungsspiel (was Romolo o Remo? augenscheinlich sein möchte) birgt zudem das Spielbrett unnötiges Glückspotential, was die Suppe eines Spielers schon ordentlich versalzen kann. Wenn die zufällig ausgelegte Karte in der unmittelbaren Nachbarschaft nämlich den Zugang für einen Spieler zu einem einzelnen Rohstoff völlig verwehrt, dann sieht dieser nicht nur doof aus der Wäsche, sondern muss sich diesen auch noch teuer vom Markt erkaufen.
Lobend hingegen müssen unbedingt die zwei möglichen Kampfvarianten erwähnt werden, welche entweder ein etwas glückslastigeres Spiel (mit W6) unterstützen oder ein taktischeres (mit Chip-Auswahl) ermöglichen. 

"Romolo o Remo?" Diese Frage werden wir wohl nicht beantworten können. Klar ist aber, dass das gleichnamige Spiel durchaus seinen Platz im Bereich der Aufbaustrategie verdient hat - wohl eher aber im Bereich des klassischen Eurooptimierungsspielers.



Vielen Dank an Giochix für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares!



Romolo o Remo von Michele Quondam
Erschienen bei Giochix
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 150 Minuten
Boardgamegeek-Link







sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek.com bzw. vom jeweiligen Verlag (hier Giochix)