Deep Regrets scheint ein echter Spalter zu sein. Sieht aus wie Cthulhu, ist aber kein Cthulhu. Ein echtes optisches Highlight, aber mit potthässlichen Monstern. Laut Packung für bis zu 5 Spielende, in der Realität für mich aber am besten zu zweit. Doch das alleine reicht nicht zum Spalten, denn diese findet offenbar in der Community statt. Die einen hypen das Spiel, während viele andere es auf ihre persönliche Floppliste setzen oder es gar als Blender abtun. Gefühlt gibt es nicht viel dazwischen. Und doch muss ich sagen, gefällt mit Deep Regrets vom reinen Spielgefühl her - also von "dem was man macht" - eigentlich ganz gut. Doch ist es im Kern nur ein sehr lustiger Absacker – der aber für das, was er bietet, schlicht einen ganzen Tick zu lange dauert. Daher möchte ich es eigentlich maximal zu zweit spielen. Klingt schon wie ein Fazit und ist es im Kern auch.
Deep Regrets sieht erstmal wirklich ansprechend aus. Spielerisch erwarten uns im Gegensatz zur optischen Opulenz aber eher (sehr) flache Gewässer auf Familienspiel-Niveau: Das Spiel läuft über sieben Runden. In jeder Runde entscheide ich mich, ob ich zum Angeln hinausfahren möchte oder lieber auf den Markt zum Ein- und Verkaufen schippern möchte. Da ich in der ersten Runde weder Fische zum Verkaufen noch Geld zum Einkaufen habe, starten alle erstmal auf See und würfeln die eigenen drei Bootswürfel. Auf See gibt es drei Tiefenstufen in denen ich angeln kann. Wir starten in Tiefe 1. Möchte ich tiefer angeln, muss ich einen Würfel pro Tiefe abgeben. Je tiefer ich angle, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit wertvollere Fische bzw. Fische mit besseren Boni zu angeln. Dafür ist es aber auch wahrscheinlicher, dass ich verdorbenen Fisch angle. Wenn ich dran bin, darf ich eine Karte meiner oder einer geringeren Tiefe aufdecken. Nun triggern manchmal Effekte beim Aufdecken eines Fisches und anschließend darf ich den Fisch entweder einholen (indem ich Würfel mit einem Mindest-Gesamtwert des Fangwertes des Fisches abgebe) oder ihn wieder freilassen. Letzteres kostet mich auch einen Würfel, dafür bekomme ich dann aber eine Beifang-Karte, die mir einmalige Boni bringt.
Hole ich den Fisch ein, triggern manchmal noch Fang-Effekte und dann kommt er auf meine Hand bis ich ihn verkaufe, am Spielende werte oder schlicht esse. Manche Fische können nämlich gegessen werden, um weitere einmalige Effekte zu triggern. Auf dem Markt kann ich Fische verkaufen und mir für das Geld eine Angelroute oder eine Angelrolle kaufen, die mir dauerhafte Boni bzw. Fähigkeiten geben, sowie weitere Würfel („Köderwürfel“, die man nur einmalig verwenden kann) zum Angeln oder auch Vorräte kaufen, die mir wiederrum einmalige Boni geben. Durch die diversen Effekte und Fähigkeiten die teilweise völlig unausgeglichen sind, regiert in Deep Regrets natürlich der Zufall – und das zieht sich auch durch die Wertungen. Auf dem Markt kann ich nämlich auch Fische ausstellen. Und das ist wichtig. Ich kann (muss) nämlich pro Partie drei Fische von meiner Hand an mein Tableau legen, die mir am Spielende die doppelte oder dreifache Punktzahl bringen sollen – wenn da nicht die Reue ins Spiel kommen würde.
Das war es im Kern mit den spielerischen Möglichkeiten. Hinzu kommt ein System mit Reuekarten, das auf den ersten Blick zwar etwas speziell wirkt, aber eigentlich das Salz in der Meeressuppe ist: Pro Mitspielender werden zu Beginn 10 Reuekarten parat gelegt und verdeckt gemischt. Verkaufe ich verdorbenen Fisch, muss ich eine Reuekarte ziehen. Auch weitere Spieleffekte bringen mir Reuekarten ein. Die Anzahl meiner Reuekarten bestimmt wiederrum meine Position auf der Wahnsinnsleiste. Je Wahnsinniger ich werden, desto mehr Geld bekomme ich für verdorbenen Fisch und desto weniger für frischen – und umgekehrt. Und diese Boni wirken natürlich auch auf den eben erwähnten ausgestellten Fisch – vor der Verdopplung bzw. Verdreifachung, versteht sich. Soweit ist das System an sich noch unspannend. Aber: Sind alle parat liegenden Reuekarten verteilt, kommt dieses System erst so richtig in Schwung. Bekomme ich nun weitere Reue, nehme ich den anderen Mitspielenden ihre Reuekarten weg – und manipuliere damit ganz direkt ihre Fischpreise. Und vor allem hierdurch ergibt sich eine ganz nette Spieldynamik. Gleichzeitig muss ich vorsichtig sein, nicht zu viel Reue zu sammeln. Jede Reuekarte hat nämlich einen Wert von 0 bis 3. Wer am Spielende den in Summe höchsten Reuewert hat (also nicht die meisten Karten!), muss einen ausgestellten Fisch vor der Schlusswertung ablegen und verliert so eventuell noch jede Menge Punkte.
Abschließen kann ich sagen, dass wir mit Deep Regrets wirklich eine Menge Spaß und teilweise durchaus ordentlich konfrontative Runden hatten. Das, sowie die gesamte Zufallsabhängigkeit des Spiels, muss man natürlich mögen. Letztlich ist es aber so, wie eingangs gesagt: Das Spiel ist für das, was es ist, einfach viel zu lang. Grade die ersten 3 Tage/Durchgänge im Spiel, in denen man sich erstmal in Position bringt, fühlen sich letztlich doch immer gleich an, sind selten konfrontativ und eher nebeneinander her und irgendwann möchte man diese gerne überspringen. Geht aber nicht. Die zweite Spielhälfte macht das zwar besser, aber der fade Beigeschmack bleibt, dass man eigentlich nur einen 60minütigen Absacker spielt in dem der Zufall ähnlich wie bei Flip 7 regiert und die eigenen Einflussmöglichkeiten begrenzt sind. Lustig ist es trotzdem, denn der Humor der in dem Spiel steckt, ist wirklich toll. Wenn man weiß, was einen erwartet und man sich drauf einlässt und vielleicht nicht in Vollbesetzung spielt, dann kann man durchaus Spaß haben. Aber das sind dann eben doch auch ganz schön viele "wenns".
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Deep Regrets von Judson Cowan
Erschienen bei Board Game Circus
Für 1 - 5 Spielende in 60 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Board Game Circus)
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