02.05.2024

Future Energy


Future Energy von Emanuele Ornella (Hermagor, Il Principe, Oltre Mare) ist das zweite Spiel aus der Green Planet Serie von Queen Games. In dieser Reihe erscheinen Spiele, welche sich mit dem Thema Nachhaltigkeit und Transformation befassen. Future Energy ist hierbei eine Überarbeitung des früheren Queen Games und Ornella-Titels Pioneers. Während es bei Pioneers jedoch darum ging den Wilden Westen zu besiedeln, wollen wir nun Europa mit regenerativen Kraftwerken beglücken.  Das Spiel richtet sich an 2-4 Personen ab 8 Jahren und ist von den Basisregeln her schon mit Grundschüler*innen spielbar. Der Titel ist jedoch modular aufgebaut und bietet neben den Grundregeln drei inkludierte Minierweiterungen, welche man optional hinzunehmen kann. Die Basisregeln entsprechen im Grunde den Regeln von Pioneers. Ein Modul ähnelt weiterhin sehr der Pioneers Queenie-Promo New Frontiers.

 


Vom Spielkonzept her erwartet uns bei Future Energy ein Mix aus Streckenbau- ,Auftragserfüllungs- und Area Majority-Spiel. Wie bespielen gemeinsam eine in Regionen geteilte Europakarte und ersetzen dort alte Kraftwerke durch regenerative Kraftwerke. Kraftwerksstandorte sind auf dem Plan durch Stromnetzlinien verbunden. Auf jedem Kraftwerksstandort liegt zudem ein Plättchen, welches das alte Kraftwerk symbolisiert und als Aktionsplättchen dient. Im Laufe des Spieles wollen wir diese alten Kraftwerke durch unsere eigenen ersetzen und die Aktionsplättchen als Belohnung bekommen. Mit dem Ersetzen von Kraftwerken erfüllen wir Kontrakte, durch welche wir dann Siegpunkte erlangen. Alle Mitspielenden starten schon mit einem Startkontrakt und können im Laufe des Spieles weitere Kontrakte erwerben. Auf diesen Kontrakten abgebildet ist jeweils, welche zwei bis fünf alten Kraftwerke wir zur Erfüllung des Kontraktes ersetzen müssen. In Form von Holzfiguren werden die Kontrakte, wenn wir sie annehmen, mit entsprechender Anzahl regenerativer Kraftwerke bestückt. Beim Ersetzen eines alten Kraftwerkes platzieren wir eine passende Holzfigur von einem Kontrakt auf dem Spielplan. Gebaut werden darf immer nur dort wo der Bautrupp steht. Diese eine Figur wird von allen Spielenden bewegt. Auch um den Bautrupp günstiger zu bewegen, bauen wir im Laufe des Spieles Stromleitungen zwischen den Kraftwerken.


Der Spieler*innen-Zug an sich teilt sich in drei Phasen auf, welche hintereinander von der Person am Zug abgehandelt werden. Als erstes gibt es 2-4 Millionen Euro Einkommen. In Phase 2 darf man dann  1-2 Stromleitungen bauen sowie neue Kontrakte erwerben. Bei Hinzunahme von Modul 2 kann man in dieser Phase auch noch Öffentliche Aufträge erwerben. in Phase 3 wird dann der Bautrupp bewegt, ein Kraftwerk ersetzt und eventuell die Aktion des Kraftwerksplättchens ausgeführt. Die meisten Kraftwerksplättchen haben unmittelbare Effekte. Die Plättchen Ingenieurin und Investor sammelt man jedoch um an mehr Einkommen bzw. mehr Aktionen in Phase 2 zu gelangen. Mehr Geld zu haben ist interessant da man hiermit den Bautrupp bewegt und den Kauf von Stromleitungen, Kontrakten sowie Aufträgen bezahlt.


Am Ende des Spieles gibt es bei Future Energy Punkte für verschiedene Aspekte. Einmal hat man im Laufe des Spieles Kontrakte erfüllt. Hierfür gibt es recht hohe Punktzahlen. Weiterhin bringen am Ende des Spieles aber auch teilerfüllte Kontrakte noch einen Punkt pro von ihm weggenommenen Kraftwerk. Durch ein Aktionsplättchen haben wir zudem eventuell auch CO2-Zertifikate eingesammelt, welche zwischen 3 und 5 Punkten wert sind. Im Basisspiel werden dazu dann noch zwei Wertungen addiert: In der ersten werden Kraftwerksmehrheiten in den Regionen ausgewertet und und in der zweiten werden Punkte dafür vergeben, dass man in möglichst vielen Regionen Stromleitungen gebaut hat. Durch Hinzunehmen von Modul 1 würde noch eine weitere Wertung hinzukommen. Es gäbe dann noch zwei Punkte für jedes Kraftwerk innerhalb des größten eigenen Stromnetzes. Mit Modul 2 könnten weiterhin noch die schon erwähnten Öffentlichen Auftragskarten ins Spiel kommen. Diese haben Einmaleffekte in Form von sofortigen Siegpunkten und einer Aktion. Diese Effekte erhält man, wenn man vorgegebene Kombinationen an eingesammelten Kraftwerksplättchen abgibt.


Mit allen drei Modulen ist das dann ein ziemlicher Punktesalat, welcher vor allem im Hinblick auf die Endwertungen nicht mehr leicht zu überblicken ist. Meines Ermessens ist die Wertung aus Modul 1 (größtes Kraftwerksnetz) auch sehr mächtig und führt dazu, dass das Zusammenhalten des Netzes zum Primärbestreben der Spielenden wird. Bei den Sromleitungen ist es nämlich so, dass zwischen zwei Kraftwerken im Normalfall nur eine Leitung liegen darf. Im Normalfall, weil einzelne Sonderaktionen das Legen einer zweiten Leitung erlauben. Meines Ermessens ist beim Spiel mit Modul 1 ein frühes Splitten des eigenen Netzes schon ein Anzeichen dafür, dass man um den Sieg nicht mehr mitspielen wird. Zweimal die Anzahl der Kraftwerke im größten Netzwerk ist punktemäßig bei Future Energy nämlich schon eine ziemliche Hausnummer. Dementsprechend konfrontativ ist der Netzwerkbau bei Hinzunahme von Modul 1. Meine persönliche Tendenz ist es deshalb eher ohne dieses Modul zu spielen.


In der Basisversion ist Future Energy ein Spiel, welches sich gut als Familienspiel spielen lässt. Durch die Hinzunahme der Module wird es eher Familienspiel+ an der Grenze zum Kennerspiel. Die Regeln sind eingängig sowie schnell erklärt und so kommt es auch beim Spielen nicht zu Nachfragen oder Unklarheiten. Das Ganze funktioniert gut und kombiniert auf interessannte Weise die drei Aspekte Streckenbau, Auftragserfüllung und Area Majority. Das Spiel spielt sich in etwa einer Stunde auch recht flott mit sehr geringer Downtime. Die Spieler*innenzüge sind kurz und die Mitspielenden werden während der Züge auch immer wieder eingebunden. So wird man gefragt ob man, da wo die Person am Zug gerade gebaut hat, gegen Geld auch ein Kraftwerk setzen will. Etwas unglücklich finde ich jedoch die thematische Umsetzung. Wieso hat man Kontrakte mit Kraftwerken, welche Ingenieurinnen- oder Investorplättchen fordern? Wieso endet das Spiel, wenn einem Mitspielenden die Stromleitungen ausgehen aber viele Orte noch nicht angeschlossen sind? Warum darf nur gebaut werden, wo der Bautrupp steht? Nirgendwo in Europa zeitgleich Kraftwerke zu ersetzen würde uns ins Realität wohl so richtig in die Klimakatastrophe stürzen. Spielmechanisch machen diese ganzen Punkte total Sinn und es funktioniert. Man darf nur einfach nicht hinterfragen wie es zum Thema passt. Meiner Meinung nach ist die thematische Einbindung beim Vorgänger Pioneers da deutlich gelungener. Ein wenig ungünstig finde ich auch die Gestaltung der Spielregel und von Teilen des Materials. Eigentlich ist die Anleitung großzügig bebildert sowie mit Beispielen und Tipps versehen und damit sehr einsteigerfreundlich. Leider haben sich aber ein paar Unstimmigkeiten eingeschlichen. Zum Einem wurde im Laufe der Produktion wohl entschieden von beklebten Spielmarkern aus Holz auf modellierte Holzkraftwerke zu wechseln. Definitiv ein Upgrade aber leider passt dies nicht zu den Abbildungen in der Anleitung. Skurillerweise liegt dem Spiel auch der Stickerbogen für die Marker bei, welche aber gar nicht enthalten sind. Bei den Endwertungen am Spielende hätte man sich meines Ermessens auch noch ein wenig mehr Raum dafür nehmen können diese zu erklären. So mussten wir bei der Leitungs-Regionen-Wertung versuchen an Hand des Beispieles zu erahnen wie es wohl gemeint ist. Gestalterisch einen letzten Kritikpunkt habe ich noch bei den Öffentlichen Aufträgen. Derer gibt es sechszehn und jeder ist mit einer anderen Aktion verbunden. Dies finde ich bei einem Spiel, welches sich ansonsten eher als Familienspiel einordnet, eher ungünstig. Im Grunde sehe ich die Ikonographie und grafische Umsetzung von Future Energy als sehr gelungen an. Bei den Aktionen der Öffentlichen Aufträgen würde ich jedoch einschränken. Bei den ersten Partien wird man hierzu immer wieder in der Anleitung nachblättern müssen. Leider ist die Ikonographie der Aktionen auf den Öffentlichen Aufträgen in meinen Augen nämlich nicht eindeutig genug. Schade in diesem Zusammenhang auch, dass die Erläuterung dieser sechszehn Aktionen auf eine dreiviertel Seite zusammengetaucht wurde. Hier hätte mehr Platz in der Regel gut getan. Dies würde ich für die kompletten Module so sehen. Das eigentlich simple Spiel gewinnt durch diese deutlich an Komplexität. Mit 2,5 von 12 Seiten nimmt man sich in Relation dafür aber eher wenig Platz in der Anleitung.

 


Future Energy ist ein Titel, welcher mir durchaus Spaß gemacht hat. Ich bin aber auch ein Fan von Streckenbau- und Auftragserfüllung. Durch die Module ist Future Energy ein Spiel mit dem die Spielegruppe vortrefflich wachsen kann. Als Familie kann man mit der Basisversion einsteigen und sich Modul für Modul steigern. Dabei ist Future Energy auch in der Basisversion schon ein interessanntes Spiel. Das Thema von Future Energy ist brandaktuell. Als Familienspieltitel ist der Vorgänger aber ein wenig kompatibler und in der Umsetzung thematisch dichter.  Für Kennerspieler kann sich Future Energy auch als "kleines Spiel" zwischendurch eignen. Es ist schließlich ein Titel mit fast nur offener Information und sehr geringem Glücksfaktor. Dazu hat das Spiel durch die Hinzunahme von Modul 1 ja auch das Potential eher konkrontativ gespielt werden zu können. Menschen, welche für sich einen Streckenbau und Area Majority-Titel mit Anspruch leicht über Zug um Zug suchen, denen rate ich Future Energy einmal genauer anzuschauen.

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Future Energy

Autor: Emanuele Ornella

Erschienen bei Queen Games

Für 2-4 Spieler*innen ab 8 Jahren.

Spieldauer etwa 60 Minuten



Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Hier Queen Games)
 *es handelt sich um einen Affiliate-Link


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30.04.2024

Das Streben nach Glück Big Box


Das Streben nach Glück hat nichts mit dem gleichnamigen Film mit Will Smith zu tun, sondern ist im Kern ein neues, modernes und im wahrsten Sinne des Wortes „Spiel des Lebens“. Denn was wir hier tun, ist nichts anderes als ein Leben nachzuspielen. In der Basisversion mit dem, was so das „Grundlegendste“ im Leben ist, und mit den Erweiterungen der Big Box (die fast alles enthält, was es zu dem Spiel gibt, mit Ausnahme einiger Promo-Karten und zweier Karten-Erweiterungen) mit vielem anderen mehr. Doch anders, als im erwähnten uralt-Laufspiel, ist hier gute Planung, vorausschauendes Handeln und jede Menge Ressourcenmanagement gefragt. Oder anders: Das Thema ist hier wirklich Programm!


Aber fangen wir mal ganz vorne an. Die wirklich riesige Box hat ein toll strukturiertes Inlay in das alle Steinchen, Marker, Tokens, Karten und Boards super hineinpassen. Allerdings ist auch noch sehr viel Platz für weitere Karten enthalten. Wir dürfen also gespannt sein, ob und was da noch nachkommt. Für das Basisspiel benötigen wir tatsächlich nur einen kleinen Teil des Schachtelinhalts: Das Hauptboard, vier Kartenstapel (Ziele, Gegenstände/Aktivitäten, Jobs und Partnerkarten), die vier Ressourcen (Geld, Wissen, Kreativität und Einfluss), ein paar Holzwürfel sowie das Spielendenmaterial (jeweils 9 Holz-Sanduhren und ein paar Holzwürfelchen). Alle legen ihren großen Würfel auf Feld 0 der Kramerleiste (hier „Zufriedenheit“), und je einen kleinen Würfel ihrer Farbe auf das mittlere Feld der Glücksleiste (Wert 0) und auf das markierte Feld der Stressleiste (Wert 6) und nehmen sich 6 der 9 Sanduhren ihrer Farbe. Es werden von den Lebenswerkkarten so viele gezogen, wie Personen mitspielen und alle bekommen 2 Innere Kind-Karten und wählen sich eine davon aus. Die Lebenswerkkarten zeigen Bedingungen für Sonderpunkte auf, die Inneren Kinder bringen eine besondere eigene „Fähigkeit“ mit sich und legen die eigenen Startressourcen fest. Dann legen wir noch den Rundenzähler auf die Rundenleiste (von Teenager über Erwachsener bis zu Lebensabend) und sperren drei Felder ab, die man als Teenager nicht nutzen darf. Von den Zielkarten und Gegenständen werden je vier aufgedeckt und offen auf ihre jeweiligen Plätze gelegt. Und schon geht es los. Klingt nach viel Arbeit, ist es aber dank des tollen Inlays nicht.

Und was dann auf dem Spielbrett passiert ist bis ins letzte Fitzelchen vom Thema nur so durchdrungen, dass man es jedem Kind wirklich schnell beibringen kann, ohne dass der Spielablauf zu simpel oder gar belanglos wäre. Die einzelnen Runden (maximal 8) gliedern sich in 4 Phasen: Phase 1 ist die Vorbereitung, die in der ersten Runde übersprungen wird. Der Rundenmarker wird eins vorgerückt und im Lebensabend bekommt man Stress. Alle schauen, wo sie auf der Stressleiste stehen und nehmen sich so viele Sanduhren, wie dort angegeben sind. Je mehr Stress man hat, desto weniger Zeit hat man. Übersteigt der eigene Stress die vorhandene Leiste, stirbt man und spielt nicht mehr mit. Dann werden alle ausliegenden Karten durch neue ersetzt und die neue Runde kann losgehen. Sie beginnt mit der Unterhaltsphase, die zu Beginn ebenfalls übersprungen wird. Hier wird zunächst geschaut, ob man mehr als in Summe 3 Ziel-/Job-/Partnerkarten hat. Ist dem so, gibt es einen Stress für jede Karte, die die 3 übersteigt. Dann schaut man sich an, wie viele Partner man hat. Ist es mehr als 1, gibt es auch hier Stress für jede übersteigende Partner/in. Hat man nun Karten, die „unterhalten“ werden wollen, dann muss man deren Unterhaltskosten jetzt zahlen, oder man verliert die Karte. Oder, um im Thema zu bleiben, hat man ein Boot oder ein Haus oder anderen Schnickschnack, so muss man Geld für die Instandhaltung zahlen, sonst gehen die Sachen kaputt. Hat man einen Job, so muss man Zeit und Ressourcen investieren, sonst verliert man diesen. Hat man eine/n Partner/in oder gar schon eine Familie gegründet, so kostet auch dies Zeit, sonst wird man verlassen. Verliert man eine Karte, verliert man ein Glück und bekommt ein Stress. Ist diese Phase beendet und sind noch mindestens zwei Spielende noch am Leben, geht es in die Aktionsphase. Hier finden wir im Kern klassisches Workerplacement light: Wir nehmen unsere Sanduhren und setzen sie auf die Felder. Steht dort bereits eine fremde Sanduhr, spielt das keine Rolle. Steht dort bereits min. eine eigene Sanduhr, bekommen wir Stress. Zu Spielbeginn können wir mit den Feldern entweder schlicht eine der vier Ressourcen erhalten, uns ein Ziel setzen oder einen Gegenstand/eine Aktivität erwerben/durchführen (also die entsprechenden Karten im Tausch gegen Rohstoffe nehmen). 


Ab der zweiten Runde können wir uns auch einen Job suchen, eine/n Partner/in daten oder Überstunden machen (eine Zeit setzen, um 2 zu bekommen, bringt aber Stress). Alternativ können wir uns mit einer Aktion ausruhen, womit wir 2 Stress verlieren. Aber nur, wenn wir im gleichen Stressabschnitt bleiben. Um einen ganzen Stressabschnitt zurückzugewinnen, brauchen wir Herzen, die es als (ziemlich rare) Belohnungen gibt. Haben wir erstmal eigene Karten vor uns liegen, können wir unsere Zeit (also Sanduhren, also Worker) auch gezielter in diese investieren. Alle Karten sind nämlich in mehrere Abschnitte unterteilt. Je nach Art der Karte beginnt man entweder ganz oben und arbeitet sich mit jeder Aktion weiter runter (so z.B. bei den Zielen und den Jobs) oder man wählt gezielt einen Abschnitt aus (bei den Gegenständen/Aktivitäten, den kurzfristigen oder Gruppen-Zielen). So oder so kann man alle Karten, die man behalten kann (kurzfristige und Gruppenziele wirken nur eine Runde), im Spielverlauf „leveln“. Bei den Partnerkarten beginnt man mit einem Date, geht dann eine Beziehung ein und gründet auf Level 3 eine Familie. Einen Job beginnt man auf unterschiedlichen Leveln (je nach Karte) und kann sich im Job befördern lassen und irgendwann in den Ruhestand gehen (der hier durchaus lukrativ ist, da man Geld ohne Unterhaltskosten bekommt – wobei man grundsätzlich immer nur einen einzigen Job zur gleichen Zeit haben kann). Und bei den persönlichen Zielen kommt man dem Hauptziel am Ende der Karte mit jedem Level näher, bis man es endlich erfüllt (und die Karte dann nicht mehr zum 3er-Limit dazuzählt). Jede Karte bringt beim Erwerben/Leveln/Unterhalten Boni, die von Ressourcen, über Glück, Gesundheit bis hin zu Zufriedenheit (= Siegpunkte) reichen können. Haben alle Mitspielenden ihre vorhandene Zeit im jeweiligen Lebensabschnitt aufgebraucht, setzt die letzte Phase ein. Hier wird der Startspielmarker weitergegeben, das Glück (aber nicht der Stress!) aller wieder auf den Startpunkt gesetzt, erfüllte Ziele zur Seite geräumt und alle Sanduhren abgeräumt. Dann folgt die nächste Vorbereitungsphase. Dies geht so lange, bis alle Mitspielenden ihrem Stress erlegen sind oder eben die achte Runde endet (doch zu letzterem kommt es eher selten, meist ist nach der siebten Runde bzw. zu Beginn der achten Schluss). Dann werden noch offene Lebenswerke gewertet und es gewinnt, wer die meisten Punkte hat. Im Solospiel muss man alle ausliegenden Lebenswerke (mit Solo-Anforderungen) erfüllen und eine bestimmte Anzahl an Punkten erreichen, um siegreich zu sein. Die übrigen Regeln sind die gleichen wie mit mehreren Mitspielenden.


So. Viel Text für eigentlich simple Mechaniken, aber der Flair, der sich vor einem ausbreitet ist wirklich toll. Denn auch wenn man hier natürlich während des Spielens nicht voll im Thema ist - nach dem Motto „ich möchte gern Brettspielerfinder werden und eine Villa besitzen, um anschließend auf der Go-Kart-Strecke meinen Stress abzubauen“ - sondern man durchaus hauptsächlich schaut, welche Karten einem welche Boni bringen und was man dann dafür wiederrum anderes kaufen/erfüllen kann, so ist die thematische Einbettung erstklassig und super geeignet, allen Neueinsteigenden das Spiel schnell zu erklären. Und es hilft auch dabei, während des Spiels alles am Laufen zu halten. Unsere 8jährige bspw. war sofort drin. Und als ihr im Lebensabend die Zeit ausging und sie wählen musste, ob sie lieber ihren Job oder ihren Partner behalten wollte, konnte sie sehr schnell überblicken, was ihr die höchste Zufriedenheit bringen würde und entschied sich natürlich….für den Job, denn sie konnte damit ihre Villa erhalten und hatte sogar noch etwas Geld über, um sich etwas zu kaufen, dass ihr noch mehr Zufriedenheit lieferte. Also ja, die Entscheidungen passen vielleicht nicht immer zum eigenen Weltbild, thematisch erklären kann man sie aber schon. Und dazu trägt vor allem die Liebe zum Detail und die Kreativität sowie der Humor der Karten bei, die hier bereits im Grundspiel stecken: Wenn ich mir das Ziel setze, Gesund zu leben, dann muss ich viel Sport treiben, was mich Extrazeit kostet, aber wenn ich das Ziel erreicht habe, winkt zusätzliche Gesundheit, die mir am Ende vielleicht eine komplette Runde bringt. Diese komplette Runde hat aber meist maximal 3 Sanduhren und ich muss 3 Sanduhren im Erwachsenenalter in das Ziel investieren. Lohnt sich dieser „Tausch“ also überhaupt? Auch das muss jede/r für sich selbst entscheiden, je nachdem, was einem im Spiel mehr bringt.

Und nach all dem vielen Text über ein eigentlich gar nicht so kompliziertes Spiel, klingt es vielleicht schon durch: Ich fand bereits das Grundspiel fantastisch. Grade im Bereich der gehobenen Familien/unteren Kennerspiele, ist das Streben nach Glück in meinen Augen ein echtes Juwel. Kein Expertenkracher, nicht mal ein forderndes Kennerspiel, sondern ein schönes, fluffiges Spiel, das einem durchaus etwas Weitsicht und gute Planung abverlangt (auch wenn man aufgrund der ständigen Wechsel der Kartenauslage eben – wie auch im Leben - nicht alles planen kann) und wirklich richtig viel Spaß macht – und das bei einer moderaten Spielzeit und wenig Downtime, da man sehr schön den eigenen Zug planen kann, während die anderen an der Reihe sind. Das heißt aber natürlich auch, dass man hier eher nebeneinander her als miteinander spielt und die Interaktion lediglich im Karten-vor-der-Nase-Wegschnappen sowie im Rennen um die meiste Zufriedenheit besteht.


So. Viel Lobhudelei für das Basisspiel. Nun kommt die Big Box aber noch mit drei größeren Erweiterungen und unfassbaren vielen zusätzlichen Karten, die zum Teil auch eigene Mini-Mechaniken mit sich bringen. Ich versuche, mich kurz zu halten, denn auch wenn sich die Art und Weise, wie man Karten „abarbeitet“ mitunter ändert, wird das Spielgefühl durch die Erweiterungen nicht anders, sondern breiter, offener, mit mehr Möglichkeiten, seine Spiel-(Lebens-)Zeit zu verbringen. Man könnte sagen, noch thematischer. Und ja, dadurch wird es komplexer, „kennermäßiger“, ohne seine Leichtigkeit einzubüßen. Wobei ich durchaus empfehle, nicht nach der ersten Partie einfach alles in die Partie zu mischen, sondern nach und nach immer etwas mehr dazu zu nehmen, sonst kann es verwirrend werden. Da wären einerseits die drei Erweiterungen, Nachbarschaft, die weite Welt und Nostalgie. Bei der Nachbarschaft kommen neue Karten samt Board ins Spiel. Hier kann ich mit einem zusätzlichen Marker in der Nachbarschaft aushelfen und bekomme am Rundenende Boni sowie Beliebtheit und darf Beliebtheit direkt in Zufriedenheit „umwandeln“. Die weite Welt lässt mich Reisen planen (Karte nehmen) und durchführen (Karte „abarbeiten) und ich kann von der Zukunft träumen. Dabei lege ich bis zu drei der „regulären“ Karten auf ein spezielles Playerboard und sammle dort je Karte spezielle herzförmige Tokens (max. 3). Die Karten kann ich mit den regulären Aktionen von dem Board in meine Auslage legen und jedes Herzchen wird dann in Siegpunkte umgewandelt (sprich: Wenn ich mir meine Träume erfülle, erlange ich Zufriedenheit). Kann ich einzelne Träume bis zum Spielende nicht erfüllen, verliere ich im Gegenzug aber Zufriedenheit (sprich: ihr wisst, was ich meine). Die Nostalgieerweiterung läuft etwas anders, als andere Spielelemente. Hier bekommen alle zu Beginn des Spiels je 8 zufällige Karten und ein kleines Board. Möchte man eine Karte nutzen, spielt man diese mit der Erinnerungs-Seite auf eine der beiden Plätze des eigenen Boards und muss hier erstmal bestimmte Bedingungen erfüllen (ohne Sanduhren nutzen zu müssen), die man mit kleinen Holzhäckchen abhakt. Hat man alles abgehakt, kann man die Erinnerungen realisieren (die Karte umdrehen) und bekommt ganz besondere Belohnungen wie z.B. Zufriedenheit, Rohstoffe, wiederholt levelbare Karten, aber auch Sonderfähigkeiten für den weiteren Spielverlauf.

Und als wären diese Erweiterungen an sich nicht schon genug, kommen noch diverse zusätzliche Module (teils durch die Erweiterung selbst, größtenteils durch die KS-Promopacks, die enthalten sind) ins Spiel, die man einbauen kann, oder auch nicht. So können Spielende mit erlevelter Familie Kinder bekommen oder von Anfang an alleinerziehende Daten, man kann sich Haustiere anschaffen, Freunde finden (kommen auch mit eigenem Board), Ereignisse zu Beginn jeder Runde aufdecken, Trends verfolgen (bestimmte Ziele bringen am Spielende Zusatzpunkte), gemeinsame Freunde (Karten, die jeweils zwischen zwei Spielenden liegen) für sich begeistern, die Verwandtschaft beerben, in die Schule gehen (= als Teenager bereits Jobs oder ganz bestimmte Ziele annehmen), Selbstständig werden, ein Geschäft eröffnen. Daneben bringen die Packs viele neue zusätzlichen Karten für alle anderen Kartenstapel mit, so dass diese mitunter beträchtlich anwachsen.


Ich könnte hier noch lange und ausschweifend auf jedes dieser Module eingehen, aber im Kern sind verändert keine davon den grundlegenden Spielablauf, sie machen nur das Spiel thematisch tiefer und fächern die verfügbaren Möglichkeiten weiter auf. Und nein, man muss diese ganzen Module nicht haben, um mit dem Streben nach Glück Spaß zu haben. Aber es macht eben auch Spaß, immer neue Karten zu entdecken, wenn man das Grundspiel einmal „durch“ hat. Die eigentlichen Erweiterungen dagegen möchte man irgendwann nicht missen, da das Spiel durch diese schlicht eine Schippe komplexer wird und die Entscheidungen nicht mehr so schnell getroffen werden können.

Sehr viel Text für eine riesige Box mit großem Thema und genialer Umsetzung. Wie gesagt, auf oberem Familien-/unterem Kennerniveau in der Basisversion und durchaus ordentlichem Kennerniveau, wenn man alles in die Partie integriert. Ich bin ein echter Fan vom Streben nach Glück geworden und kann es allen empfehlen, die gern ein locker fluffiges Ressourcenmanagement/Workerplacement-Spiel mit gutem Humor und nicht allzu gravierenden Entscheidungen/Konsequenzen spielen möchten, bei denen schlicht der Spaß im Vordergrund steht und nicht die Turbo-Optimierung (wenngleich man das hier sicherlich auch exerzieren könnte).
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Das Streben nach Glück von Adian Abela, Vangelis Bagiartakis, David Chircop, Konstantinos Kokkinis, Theo K. Mavraganis
Erschienen beim Kobold Spieleverlag
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 90 - 120 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kobold)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Es entstehen für Euch keine Kosten. Wir erhalten eine Provision.
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29.04.2024

Z3bra



Alle Jahre wieder kommt das Christuskind, auf die Eeeerde nieeeder, wo wir Menschen sind. HALT STOP! Weihnachten ist vorbei! Aber es gibt ja auch andere Dinge, die alle Jahre wieder kommen, so wie z.B. ein Kartenspiel mit einem 3x3 Raster! Denn nach Skijo, HiLo und Abrakadabrien, dachte sich nun auch Amigo, dass ein solches Spiel gut in das Sortiment passen würde. Schwupps, hat man Dirk Hanneforth und Uwe Mölter als Autoren gefunden und Z3BRA auf den Markt gebracht.

Ja und was soll ich sagen, wer die anderen Titel kennt, der wird sich bei Z3bra recht schnell zurechtfinden, denn auch hier legen wir Karten in ein 3x3 Raster und versuchen nun Zeilen, Spalten oder in einer Diagonalen mit gleichen Zahlen oder Farbe zu legen. Gelingt uns das, können wir diese ablegen. Im Zug selbst zieht man eine Karte vom Nachziehstapel und kann dieses in sein Raster legen. Falls mir die Karte aber nicht gefällt, kann ich es auch ablegen und muss dafür eine Karte in meinem Raster umdrehen. Sollten mal alle Karten im Raster offen liegen, endet die Partie! Und ich erhalte die Summe als Strafpunkte…



Statt einer neuen Karte, kann ich auch eine Karte vom offenen Ablagestapel nehmen und dieses in mein Raster einbauen. Was unterscheidet Z3bra nun also vom Rest gleichartiger Titel? Zunächst hat jeder Spieler noch einen persönlichen Nachziehstapel von 6 Karten, mit diesen ersetzt man die Karten, welche man aus dem Raster ablegen kann. Erst wenn ich die ersten 9 sowie die weiteren 6 ablegen konnte, endet die Runde bzw. die Partie und im wahrscheinlichen Fall gewinne ich dann auch.

Des Weiteren macht es bei Z3bra auch Sinn bei seinen Nachbarn zu schauen, denn wenn ich eine gezogene Karte mit einer Karte, welche die gleiche Farbe oder den gleichen Wert, vom Mitspieler tauschen kann und diese getauschte Karte eine 3er Reihe bildet (und nur dann), kann ich das tun. Und bei Z3bra darf ich sogar ganz auf eine neue Karte verzichten und darf zwei Karten in ihrer Position tauschen, muss dafür aber eine bisher verdeckte Karte aufdecken!



Ja und das war es dann eigentlich auch schon mit den Unterschieden und den Regeln. Wie erwähnt endet die Partie, wenn ich alle Karten ablegen kann oder alle Karten im Raster offen ausliegen. Karten, die man noch besitzt, werden dann addiert und der Spieler mit der geringsten Summe wird zum Sieger erklärt. Man kann auch mehrere Partien am Stück spielen und dann die Summe aus den Partien als Wertung nehmen.

Das weitere Drumherum von Z3bra kommt dann auch eher unspektakulär daher, die Grafik ist zweckdienlich, was aber gefällt ist, dass die Farben auch mit Hilfe von Tiersymbolen unterschieden werden können.



Ja, was bleibt also für ein Fazit? Z3bra als Spiel selbst funktioniert gut und macht auch Spaß, gerade die Sache mit den Mitspielern gibt diesem Genre noch einen netten Anstrich, aber ich frage mich schon, ob man die Art Spiel wirklich noch ein weiteres Mal benötigt. Wer also Titel wie Skijo besitzt, wird hier nichts Neues finden und wenn man gar kein Spiel dieser Art besitzt, würde ich persönlich zu Abrakadabrien von Kosmos greifen, aber mit Z3bra wird man keinen Fehlgriff erleiden.


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Z3bra von Dirk Hanneforth & Uwe Möller
Erschienen bei AMIGO
Für 2-5 Spieler in ca. 20 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier AMIGO)
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28.04.2024

Unsolved - Tod auf der Yacht






Bei Unsolved - Tod auf der Yacht von Fréderic Moyersoen handelt es sich um den zweiten Titel der Unsolved-Reihe von Amigo. Um es an dieser Stelle für Menschen abzukürzen, welche den ersten Titel Der Jagd-Unfall gespielt haben: Außer der neuen Geschichte gibt es keine Änderungen hinsichtlich des Spielprinzips oder der Qualität des Falles und des Materials. Wem der Jagd-Unfall gefallen hat, kann auch hier bedenkenlos zugreifen und wird Freude daran haben.

 


Für Menschen, welche die Unsolved-Reihe bis dato noch nicht bekannt ist hier dann noch ein wenig mehr Information: Es handelt sich bei Tod auf der Yacht um ein nahezu sprachfreies Krimi-Spiel. Einzig die kurze Einleitung sowie die Kapitellösungen kommen mit Text daher. Während des eigentlichen Spielens jedoch wird komplett auf Schriftsprache verzichtet. Ermittelt wir rein Anhand von Bildkarten. Es gilt diese zu sichten und an Hand der aus der Sichtung zu gewinnenden Hinweise Antworten auf 5 feste Fragen zu erlangen. Am Ende eines Kapitels werden unsere Antworten dann mit der jeweiligen Kapitellösung verglichen und mit Punkten prämiert. Herauszufinden gilt es dabei wer Opfer und Mörder sind, was die Todesursache war sowie was das Motiv gewesen ist. Weiterhin haben wir auch noch unsere Beweise darzulegen.

 


Gespielt wird in jedem Kapitel mit 36 Karten. 30 dieser Karten sind in jedem Kapitel dabei. Weitere 6 sind kapitelspezifisch. Während eines Kapitels werden so viele Runden gespielt, bis alle Karten gezogen wurden. Der Fall wird dabei von allen Mitspielenden kooperativ gelöst. Zu Rundenbeginn wird die Kapitel-Startkarte offen ausgelegt. Auf ihr sehen wir das Mordopfer. Im weiteren Verlauf ziehen wir dann pro Runde alle jeweils eine Karte, betrachten diese genauestens und geben diese sodann im Uhrzeigersinn weiter. Das Weitergeben wird wiederholt bis alle Karten von allen Personen am Tisch gesehen wurden. Im Anschluss wird noch diskutiert welche der Karten offen ausgelegt werden sollen. In jeder Partie dürfen dies nur 12 der 36 Karten sein. Es gilt also gut abzuwägen. Am Rundenende haben alle Mitspielenden dann alle 36 Karten gesehen und noch bis zu 12 Karten vor sich ausliegen. Anhand dieser Informationen gilt es dann die Fragen zu beantworten. Sich während des Falles Notizen zu machen, hilft sehr.


 

Dieses Spielprinzip funktioniert auch noch im zweiten und dritten Kapitel. Es wäre ja anzunehmen gewesen, dass die späteren Kapitel deutlich einfacher zu lösen sind, weil man ja schon 30 der 36 Karten kannte. In der Tat bleibt es aber auch noch beim zweiten und dritten Mord interessant. Grafisch gestaltet wurde das Spiel diesmal nicht mehr von Michael Menzel, sondern von der Fiore GmbH. Diese macht wie beim Vorgängertitel Herr Menzel, es aber auch gut. Es wird weiterhin ein comicartiger Stil vewendet, allerdings ein ganzes Stück reduzierter als beim Vorgängertitel. Waren die Karten beim ersten Titel wirklich ein Augenschmaus, so sind sie nun eher auf gute Weise funktional aber eben keine wirklichen Hingucker mehr. Trotzdem erzählen die Karten die Morde und somit auch den ganzen Fall wirklich ohne Worte und das in einer Form, welche es am Ende möglich macht das Gesehene schlüssig nachzuvollziehen. Dafür sind natürlich viele kleine Hinweise zu entdecken und miteinander in Verbindung zu setzen. Ein gelungener Kniff hierbei: Das Herumreichen der Spielkarten. Viele ähnliche Spiele haben ausliegende Karten und bei höheren Spielerzahlen wird es dann ein wenig mühsam allen am Tisch einen guten Blick darauf zu ermöglichen. Dieses Problem löst Moyersoen durch das Herumreichen elegant. Laut Schachtel ist das Spiel auch solo spielbar. Wie bei vielen kooperativen Spielen, spricht auch hier nichts dagegen den Fall alleine anzugehen. Leider haben Autor und Verlag es auch bei Titel Nr. 2 weiterhin versäumt die Regeln für ein Solo-Spiel explizit aufzuschreiben. Das Weiterreichen von Karten ist alleine am Tisch ja schwerlich möglich. Ich habe es dann einfach so gespielt, dass ich immer eine Karte betrachtet habe und mich danach entschieden habe, ob ich sie in die Auslage lege. Das hat gut funktioniert. Ich vermute der Autor hat sich dies auch so gedacht. In der Regel steht dazu aber leider nichts. Als kleinen Mangel sehe ich an wie Amigo das Spiel verpackt. Die Box hat aus Umweltschutzgründen keine Folie mehr, was ich im Grunde sehr begrüße. Weiterhin sind die Karten in Papier und nicht in Folie eingepackt. Dies finde ich ebefalls klasse. Leider sind die Aufkleber, welche die Schachtel im Handel zuhalten sollen, jedoch nicht leicht ablösbar. Man kann sie demnach nur mit dem Messer zerschneiden oder vorsichtig mit Fön oder Pflasterspray ablösen. Hier würde ich mir zulünftig wünschen, dass Amigo bei der Kleberwahl auf eine leichter lösbare Variante wechselt.

 


Empfohlen wird Unsolved ab 16 Jahren. Von der grundsätzlichen Thematik her ist dies sicher angemessen. Schließlich geht es um drei Morde. Die Bebilderung ist beim zweiten Titel der Reihe nun auch ein wenig expliziter und man sieht auch Blut. Trotzdem finde ich, dass man das Spiel auch schon mit jüngeren Menschen spielen könnte und würde persönlich ab 14 Jahren empfehlen. Vom Anspruch her ist Unsolved  ein Familienspiel. Die Rätselschwierigkeit ist in meinen Augen eher mittel. Die Spielregeln sind so gehalten, dass auch Nichtspieler problemlos mitmachen können. Auch bei Tod auf der Yacht hat mich die Geschichte in der Gesamtbetrachtung nicht hundertprozentig abgeholt. Jeder einzelne Mordfall ist in meinen Augen schlüssig und gut nachvollziehbar. Ich sehe aber schon eine Entwicklung zum Vorgängertitel. Hier habe ich das Gesamtbild der Geschichte noch als wesentlich konstruierter empfunden. Bei Tod auf der Yacht ist es für mich ein ganzes Stück runder. Sehr schön finde ich, dass die Kapitel am Ende ausführlich erläutert werden. Zu jedem Kapitel gibt es einen Umschlag, in welchem sich die Lösung des Falles befindet. Hier werden nicht nur die Lösungen der Fragen benannt und Punkte vergeben. Darüberhinaus wird eben auch noch der Mordfall erläutert und die Motive sowie Abläufe erklärt. Gerade, wenn man doch mal nicht zur Lösung kommt, finde ich dies wesentlich schöner, als nur unkommentiert die Lösung vorgesetzt zu bekommen. Leider bei einigen Konkurrenzprodukten keine Seltenheit.

 



Bewusst sein sollte man sich darüber, dass man Unsolved nur einmal wird spielen können. Danach kennt man ja den Fall. Das Spielmaterial bleibt aber im Gegensatz zu Exit-Spielen unversehrt. Man kann das Spiel also noch gut weiterverschenken. Für Unsolved investiert man etwa 14€ beim Spielehändler des Vertrauens. Meines Ermessens ist dies gut eingesetztes Geld für drei kürzere oder einen langen Spieleabend. Man bekommt dafür ein einsteigerfreundliches Krimi-Spiel, welches sich auch gut in größerer Runde spielen lässt. Bei weiteren Fällen bin ich auf jeden Fall im Ermittlerteam dabei!

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Unsolved: Tod auf der Yacht

Autor: Fréderic Moyersoen 

Erschienen bei Amigo

Für 1-6 Spieler*innen ab 16 Jahren.

Spieldauer etwa 3x45 Minuten



Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Hier Amigo)
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26.04.2024

Kites


Wenn man einen Drachen steigen lässt und ihm zusieht, wie er in Richtung Horizont gleitet, ist man losgelöst von allen Sorgen und Nöten des Alltags und kann für einen Moment komplett abschalten und den Kopf freibekommen. Ganz so entspannt geht es nicht zu bei beim kooperativen Spiel Kites, bei dem wir in Echtzeit Karten ausspielen, um unsere Drachen in der Luft zu halten.

Drachen steigen lassen gegen die Zeit

In Kites spielen wir gegen sechs Sanduhren mit unterschiedlichen Farben und Laufzeiten von 30 bis 90 Sekunden. Im Uhrzeigersinn spielen wir eine unserer Handkarten aus und drehen die ein bis zwei Sanduhren um, die auf der jeweiligen Karte abgebildet sind. Anschließend ziehen wir eine Karte vom Nachziehstapel und versuchen möglichst alle Karten loszuwerden, ohne dass eine der Sanduhren abläuft und der Drache so abstürzt.


Dabei ist gute Kommunikation und Teamarbeit nötig, denn ohne gute Absprachen, wer welche Karten auf der Hand hat, kommen wir in Kites schnell in die Situation, dass genau die passende Farbe fehlt. Andererseits können wir uns auch mal eine kleine Verschnaufpause nehmen, wenn gerade alle Drachen noch reichlich Sand in der oberen Hälfte haben. Zu früh zu drehen sorgt dann nämlich nur dafür, dass nach dem Drehen weniger Zeit zur Verfügung steht.

Ein wenig Hektik gehört dazu

So halten wir also von Karte zu Karte die Drachen in der Luft und irgendwann, spätestens wenn sich das Ende abzeichnet und keine Karten mehr auf dem Nachziehstapel liegen, wird es hektisch am Tisch. Dann darf die weiße Sanduhr nicht mehr umgedreht werden. Haben wir noch Karten übrig, wenn die erste Sanduhr abläuft, lesen wir unseren Erfolg an einer kleinen Erfolgsskala im Regelheft ab. Im Idealfall sind wir aber alle Karten losgeworden und können uns als verdiente Sieger von Kites fühlen.


Ganz so entspannend wie in der Einleitung beschrieben ist es also nicht, Kites zu spielen. Dennoch fühlt es sich sehr belohnend an, wenn wir als gut eingespielte Runde in einen gewissen Flow kommen und durch gute Kommunikation eine Karte nach der anderen spielen und die Drachen in der Luft halten. Und stürzen wir doch einmal ab, dauert eine Runde nur wenige Minuten und wir können es gleich noch einmal versuchen.

Herausforderungskarten für größere Schwierigkeit

Kites lässt sich mit 2-6 Spielenden am Tisch spielen. Je nach Personenzahl haben wir unterschiedlich viele Handkarten auf der Hand. Mein Eindruck ist, dass die Schwierigkeit mit ansteigender Spielerzahl deutlich steigt. Bei weniger Auswahl pro Spieler und der fixen Spielerreihenfolge müssen wir umso besser kommunizieren und anstehende Aufgaben verteilen, um uns nicht zu verheddern.


Wem das alles noch zu einfach ist, der kann die Schwierigkeit durch die Hereinnahme von Herausforderungskarten erheblich in die Höhe treiben. Sturmkarten zwingen uns dazu, alle Sanduhren gleichzeitig umzudrehen, wir laufen Gefahr uns zu verheddern und so Karten tauschen zu müssen und Flugzeugkarten stören unsere Kommunikation.

Fazit: belohnende Herausforderung in Echtzeit

Es steckt also viel drin in Kites und meiner Meinung nach ist dem Autor Kevin Hamano hier ein wunderbares Echtzeit-Kartenspiel gelungen, das uns gleichermaßen herausfordert wie belohnt und sich sogar bei Team Building-Events einsetzen lässt. Dazu tragen auch die gewohnt fantastischen Illustrationen von Beth Sobel (u.a. Flügelschlag, Cascadia) bei. Dennoch ist Kites kein Spiel für Jedermann. Wer sich allein vom Gedanken an die Echtzeit-Herausforderung gestresst fühlt, braucht gar nicht erst mit dem Spielen beginnen. Wer sich darauf einlässt, wird kräftig belohnt, wenn es mit den Mitspielenden gut läuft und die Drachen am Himmel bleiben. Und so sind wir vielleicht doch für ein paar Minuten völlig losgelöst von den Sorgen und Nöten des Alltags, wenn wir die Drachen fliegen lassen.
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Kites von Kevin Hamano
Erschienen bei Huch!
Für 2-6 Spielende in ca. 10 Minuten ab 10 Jahren

Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Huch!)
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25.04.2024

Hitster: Schlager Party


So Leute, was soll ich zu Hitster noch sagen, außer, was Oli bereits in seiner Rezension schön dargelegt hat? Für mich ist Hitster das Spiel des Jahres der Herzen. Schade, dass es nicht nominiert wurde, denn auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Party Hitster immer und in jeder Konstellation zieht, Generationen an den Tisch bringt und einfach einen schönen Abend bereitet.

Was ist jetzt neu an Hitster: Schlager Party? Neue Karten halt. Wobei ich mit dieser Version schon so meine Probleme hatte bzw. habe. Erstens handelt es sich bei der Version nicht ausschlielich um Schlager. Viel eher würde ich es als "Deutsche Songs" Version bezeichnen. Zudem sind selbst bei mir als Schlager-Fan oftmals eher drei Fragezeichen über dem Kopf erschienen. Während ich bei Hitster noch eine recht gute Quote hatte beim Erraten der Songs und der Interpreten (und wenn wir ehrlich sind, geht es doch genau darum!), bin ich bei der Schlager Party froh, wenn ich das Jahrzehnt einigermaßen treffen kann. Will sagen: Wenn ich also nur bekannte A+ Schlagersongs erwarte, dann werde ich hier eher enttäuscht.

Was aber nach einigen Partien dann doch etwas negativ aufgefallen ist, war der Fakt, dass sich im Bereich der Cover dann doch einige Fehler eingeschlichen haben. So wurde zwar die Handballversion der Höhner (Wenn nicht jetzt? Wann dann?) in das Jahr gepackt, als der originale Song erschienen ist, dabei war das dann doch einige Jahre früher. Ärgerlich.

Alles in allem werden sicher noch viele Hitster Erweiterungen kommen. Das ist auch gut so, da man nach einigen Partien fast einmal durch alle Karten durch ist und neues Futter braucht. Die Schlager Party ist ein sehr kniffliges Hitster Erlebnis für eingefleischte Fans. Ich bin gespannt, was die neuen Erweiterungen für Musikbereiche abdecken.

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Hitster: Schlager Party
Erschienen bei Jumbo
Für 2 bis 10 Spieler in ca. 30 Minuten ab 16 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Jumbo)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision
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24.04.2024

Zauberzwerg


Zauberzwerg ist der Nachfolger von Zauberberg, dem Kinderspiel des Jahres 2022, und entführt die Kinder wieder in eine bezaubernde und magische Welt. 

In Zauberzwerg begeben sich Zauberlehrlinge und Hexen auf eine spannenden Wettlauf um als erstes bei dem Zauberzwerg Rupert anzukommen. Rupert wartet am Ende des Waldes in einer magischen Miene und möchte unsere Zauberstäbe mit Kristallen ausstatten. 

Zauberzwerg ist kooperativ und unser Ziel ist es, dass wir alle unsere Zauberlehrlinge zu Rupert bringen, bevor eine der Hexen dort angekommen ist. 
Dabei ist die Spielmechanik sehr simpel: Rund um das Spielbrett, einem Laufpfad mit unterschiedlich farbigen Irrlichtern, ist ein geheimnisvoller Wald der aus zufällig platzierten Karten besteht. 


Jede Karte zeigt einen Zauberlehrling oder eine Hexe sowie einen farbiges Irrlicht. 
Zu Beginn befinden sich die Zauberlehrlinge am Waldrand und die Hexen werden je nach Schwierigkeitsgrad platziert. Zwei Waldkarten werden umgedreht und das Spiel beginnt. 

Die Kinder stehen nun vor der Aufgabe, gemeinsam zu entscheiden, welche Karte genutzt werden soll um eines der Zauberwesen entlang des Pfads voranzubewegen. 
Sie müssen nun alle Figuren taktisch durch den Wald durchqueren, um vor den Hexen alle ihre Zauberlehrlinge zum Zauberberg zu bringen. 


Als Variante des Spiel ist es möglich, zwei Teams zu bilden. Ein Hexen- und ein Zauberlehrlingteam. 
Jedes Team kontrolliert drei Figuren und hält die Karten verdeckt auf der Hand. 
Bei dieser Variante ist es natürlich das Ziel, seine eigenen Figuren zur Miene zu bringen, bevor die Gegner angekommen sind. 

Fazit
Zauberzwerg ist für Kinder ab 5 Jahren empfohlen und daher habe ich es auch mit meinem 5 Jährigen Sohn gespielt. Er hatte große Freude daran die Waldkarten aufzudecken und die Figuren zu bewegen. Alle Figuren? Nein! 
Bei uns hat sich gezeigt, dass mein Sohn überhaupt nicht den taktischen Überblick hatte, um optimal zu entscheiden welche Karte die sinnvoller ist. Er neigte dazu, sich stets auf den vordersten Zauberlehrling zu konzentrieren und die Hexen nur dann zu bewegen, wenn keine andere Wahl bestand. 


Es leuchtete ihm überhaupt nicht ein, dass es hin und wieder sinnvoll war die Hexe zu bewegen, wenn sie dadurch nur kleine Schritte machte und die Karte aus dem Spiel zu entfernen. 
Es ist daher unabdingbar, dass ein älteres Kind oder ein Erwachsener das Geschehen etwas lenkt. Ansonsten ist es fast unmöglich zu gewinnen. 

Ich kann mir auch überhaupt nicht vorstellen, wie das Grundspiel mit 6 Kindern funktionieren soll. 6 Spieler sind eher etwas für die Team-Variante. Drei Kinder in jedem Team sind eine gute Gruppengröße um gemeinsam zu entscheiden, wie die Figuren bewegt werden sollen. Die Variante haben wir allerdings nicht getestet. 

Die Mechanik von Zauberzwerg ist natürlich äußerst simpel: Man muss lediglich eine Karte wählen und die Figuren bewegen. Das könnte selbst ein Dreijähriger. Aber die taktische Entscheidung dahinter, welche Figur jetzt bewegt werden soll, übersteigt die Fähigkeiten solch junger Kinder. 

Meiner Meinung nach ist Zauberzwerg daher eher für Kinder ab 6 oder 7 geeignet. 
Es stehen auch unterschiedliche Level mit unterschiedlichen Schwierigkeiten zur Verfügung. Es wird mit der Anzahl der Hexen und ihren Startpunkten variiert. 

Zumindest für meinen Sohn war das Spiel leider nichts und ich kann es für diese Altersgruppe nicht empfehlen. Uns konnte Zauberzwerg nicht überzeugen.

 

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Zauberzwerg von Jens-Peter Schliemann & Bernhard Weber
Erschienen bei Amigo
Für 1 bis 6 Spieler in ca. 20 Minuten ab 5 Jahre


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Amigo)
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