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03.05.2013

Archipelago - Genial Kolonial

Archipelago aus dem Hause Asmodee hat bisher äußerst unterschiedliche Rezensionen erhalten. Die Spannweite dieser reichen von "eins der schlechtesten Spiele überhaupt" bis hin zu "ein Meisterwerk". Warum ich mich bei Christoph Boelingers neustem Werk der zweiten Gruppe anschließe und froh bin dieses Spiel spielen zu dürfen, werde ich versuchen im folgenden Review aufzuzeigen.

Spielverlauf und Spielziel

Die Rahmenbedingungen für eine Partie Archipelago sind äußerst flexibel. So ist eine Partie für 2-5 Spieler möglich und die Spiellänge zu Anfang festlegbar. Man wählt zwischen einem kurzen, einem mittleren und einem langen Spiel und entscheidet sich demnach schon vorweg für eine Spieldauer von 70-240 Minuten.
In Archipelago sind wir eine, nicht weiter definierte, Kolonialmacht und versuchen bei der Erkundung des Archipels die meisten Siegpunkte zu generieren. Für was es Punkte gibt, entscheidet die zufällig gezogene Trendkarte. Der Clou hierbei ist, dass jeder Spieler zusätzlich zu Beginn der Partie verdeckt eine Karte erhält, auf welcher eine Siegbedingung und ein mögliches Spielende angegeben ist. Eine Siegbedingung - ganz recht. Denn damit nicht genug. Die Siegbedingungen eines jeden Spielers gelten bei der Punktevergabe am Ende des Spiels für alle Mitspieler - genau wie das Spielende. So kann man sich bei diesen, in anderen Spielen so wichtig erscheinende Rahmenbedingungen, in Archipelago nur eines sicher sein: Der eigenen Siegbedingung, dem eigenen Spielende und natürlich der Trendkarte. Den Rest gilt es durch evtl. auffälliges Verhalten der Mitspieler im Laufe des Spiels herauszufinden - oder eben nicht.
Grundsätzlich wird Archipelago der Reihe nach in 6 Phasen pro Runde gespielt. Das Herzstück dieser Phasen bietet die Aktionsphase, in welcher die Mitspieler zu Beginn ihre drei Aktionssteine auf das umfangreiche (leider nur spieltechnisch, aber nicht optisch betrachtet) Aktionsrad legen und die damit korrespondierenden Aktionen ausführen. So gilt es beispielsweise das Archipel zu erkunden, Waren zu produzieren und diese an die internen und externen Märkte gewinnbringend zu verkaufen. Zeitgleich werden Kinder gezeugt, Arbeitslose angeworben, Gebäude gebaut, Städte errichtet oder Steuern erhoben. Diese Aktionsvielfalt mag beim ersten Durchlesen der Regeln umfangreich und komplex erscheinen, fügt sich aber schon nach wenigen Zügen, oder spätestens nach dem ersten Spiel zu einem kompletten Ganzen zusammen.
Während alle Spieler, mit Hilfe dieser Aktionen, versuchen ihr persönliches Ziel bestmöglich zu erfüllen und durch "Lesen" der Mitspieler auch das der Mitspieler zu erraten und zu erreichen, formiert sich zeitgleich ganz natürlich im Spiel eine Rebellion der Einheimischen, welche es als gesamtes Team gilt zu verhindern. Denn übersteigt die Anzahl der Rebellen, die Anzahl der Einwohner des gesamten Archipels, werden alle Spieler vom Archipel verbannt und verlieren als Kollektiv. Alle? Nicht alle! Denn unter Umständen war genau dies die persönliche geheime Siegbedingung eines Mitspielers. So langsam versteht Ihr das Problem...
Doch wieso werden die Einwohner von Archipelago unzufrieden? Dies hat verschiedene Faktoren. Grundsätzlich steigt die Anzahl der Rebellen in jeder Runde, wenn eine gewisse Anzahl an Arbeitslosen auf dem gesamten Archipel vorhanden ist, eine Ressource auf der Insel überproduziert wurde und damit die Märkte überflutet oder Steuern erhoben wurden.
Der Hauptgrund und gleichzeitig auch das interessante Spielgefühl in Archipelago entsteht aber durch die Krisen in Archipelago, welche jede Runde auf dem internen und auf dem externen Markt auftreten. In diesen fordern die Einwohner jeweils unterschiedliche Waren, welche "geopfert" werden müssen. Kommen die Spieler als Kollektiv dieser Forderung nicht nach, erhöht sich die Anzahl der Rebellen - und das in der Regel nicht ganz unerheblich. Die Spieler sind nun also gefordert als Team zu arbeiten und die vorhandenen Waren aus den Märkten zusammen zu tragen oder diese aus dem jeweiligen Privatbesitz eines Spielers einzufordern. Dem Verhandeln der Spieler untereinander ist hier keine Grenzen gesetzt, sodass es in dieser Phase, wie jedoch auch in allen anderen Phasen, zu einem "Geben und Nehmen" kommt. Einerseits wollen die Spieler die Rebellion in Schach halten, jedoch andererseits auch nicht zu viel ihrer eigenen Ressourcen preisgeben, um das eigene Ziel nicht zu gefährden. Doch wollen wirklich alle Spieler zusammen arbeiten?...
So ganz nebenbei wird übrigens noch um die Spielerreihenfolge geboten und in Aktionskarten investiert, um dem Spiel noch zusätzlich ein gewisses Etwas zu verleihen. Aber das nur am Rande.
Wurde eins der Spielenden erreicht, sagt der betroffene Spieler dies laut an und das Spiel endet sofort. Die jeweiligen Ziele werden nun offenbart und die Punkte addiert. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Resume

Archipelago ist in der Tat kein Spiel für Jedermann. Zunächst stellt der Fakt, dass es ein semi-kooperatives Spiel ist, manche Spieler grundsätzlich vor ein Problem. Die Tatsache, dass in Archipelago der Spagat zwischen kooperieren und konkurrieren geschafft werden muss, stellt so manche Spielgruppe vor ein nicht überwindbares Hinderniss. Arbeitet man zu stark miteinander, so geht schnell der spezielle Reiz von Archipelago verloren. Konkurriert man zu sehr, so stellt sich zu oft ein negatives unbefriedigendes Spielerlebnis ein. Ist man jedoch in der Lage den Kern des Spiels zu erfassen (und das sollte sich in der Regel bereits nach einem Spiel der Fall sein) und erkennen, dass hier, wie in bisher kaum einem Spiel, das feine Zusammenspiel zwischen Blockade der Mitspieler und Opfern für das Team von höchster Bedeutung ist, dann will man Archipelago nicht mehr missen und immer weiter versuchen die Grenzen auszutesten.
Eine variable Spieldauer macht Archipelago zudem zu einem guten Begleiter in jeder Spielrunde, wobei durchaus das Spiel seinen vollen Reiz ab einem mittleren Spiel mit mindestens vier Spielern entfalten kann. Zu schnell ist eins der Ziele bei einem kurzen Spiel erreicht, sodass allzu oft die Frage aufkommt "und das wars schon?".
Apropos Ziele. Kommen wir zu einem weiteren genial entwickelten Mechanismus von Archipelago - den Zielkarten. In Archipelago kann man sich nie sicher sein. Man weiß nicht, für was es Punkte am Spielende gibt, noch ist es bekannt, wann das Spiel endet. Zumindest größtenteils, denn das eigene und das gemeinsame Ziel kennt man ja schließlich. Das Unbekannte in diesem Teil von Archipelago ist aber keinesfalls mit Zufall zu bezeichnen. So ist es durchaus möglich die Ziele der Mitspieler zu erraten. Spätestens wenn ein Spieler den vierten Hafen scheinbar grundlos baut, sollte man ernsthaft darüber nachdenken, ob man nicht auch in einen solchen investieren sollte. Aber was ist, wenn er nur blufft?...
Interessanter wird es noch einmal, wenn das individuelle Ziel des Separatisten im Spiel ist. Hier kann sich auch im Bereich des Metagames eine interessante Entwicklung innerhalb der Gruppe selbst entwickeln. Dieser lässt den, ohnehin schon sehr schmalen, Grat zwischen Kooperation und Konkurrenz während der Krisen noch enger und gefährlicher erscheinen.
Die Ziele von Archipelago sind ohnehin recht vielfältig. Diese reichen vom Bauen bestimmter Gebäude, über das Sammeln einzelner Ressourcen bis hin zum Vermögen im Privatbesitz der Spieler. Dadurch ist in Archipelago stets ein komplett unterschiedliches Spiel gewährleistet und der Wiederspielwert wird ungemein aufgewertet.
Das Spielmaterial ist zudem ebenfalls aus guter Qualität mit wenigen minimalen Kritikpunkten. So sind die Anzahl der Hütten auf den wunderschön gestalteten Landschaftsteilen leider nur schwer zu erkennen, da sie sich nahezu perfekt an das Landschaftsbild anpassen. Grundsätzlich kein Kritikpunkt, jedoch ist deren Anzahl entscheidend für den Spielverlauf. Hmmm.
Zudem zwängt sich während des Spielens einem unweigerlich der Verdacht auf, dass Kolonisten und Schiffe aus zwei anderen bekannten Brettspielen geflüchtet sind. Hier wären individuelle Figuren wünschenswert gewesen. Aber das ist wirklich Jammern auf hohem Niveau...
Rundum überzeugt Archipelago. Für mich aus diesen Gründen ein absolutes Highlight, welches in keiner Sammlung fehlen sollte.

Vielen Dank an Asmodee für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares


 

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek.com bzw. vom jeweiligen Verlag (hier Asmodee)